Bald Wechsel der Grasser-Richterin?
Buwog-Verfahren. Behält die für Karl-Heinz Grasser zuständige Richterin das Verfahren? Oder muss sie es an eine Kollegin abtreten? Letzteres könnte passieren – wegen eines brisanten Antrags.
Wien. Wenn heute, Donnerstag, der Verfassungsgerichtshof mit seiner Herbstsession (Beratungs- und Entscheidungszeit) startet, wird laut Insidern auch die Causa „Buwog“Thema sein. Nämlich die Frage, ob die für Strafrichter geltenden Zuständigkeitsregeln überhaupt verfassungskonform seien. Doch die Frage „Wer wird Grassers Richter?“stellt sich neuerdings auch an ganz anderer Front. Dafür sorgte nun die Staatsanwaltschaft (StA) Wien – indem sie einen hochbrisanten Antrag einbrachte.
Die StA hat dieser Tage die Zusammenlegung von zwei bestimmten Strafverfahren beantragt. Geht der Antrag durch, hätte dies einen Dominoeffekt: Es würde wohl bedeuten, dass auch der gesamte Buwog-Komplex um Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Co. von der aktuellen Richterin, also von Marion Hohenecker vom Straflandesgericht Wien, zu einer anderen Richterin wandert. Nämlich zu Richterin Caroline Csarmann.
Zeitplan könnte kippen
Große Verzögerungen wären die Folge. Der Zeitplan für das BuwogVerfahren würde kippen. Vom Plan, den Prozess Anfang Dezember zu starten, wäre man meilenweit entfernt.
Der Reihe nach erklärt: Bei Hohenecker ist schon seit längerer Zeit ein Untreue-Verfahren gegen Ex-Immofinanz-Boss Karl Petrikovics anhängig. Im Zuge dessen wurde die Buwog-Anklage rechtskräftig. Und damit stand fest: Petrikovics ist auch einer der 15 BuwogAngeklagten.
Für diesen Fall sieht das Gesetz vor, dass der bereits mit diesem Angeklagten befasste Richter beide Verfahren führt. So bekam Petrikovics-Richterin Hohenecker die ganze Buwog-Causa oben draufgepackt. Bei „Buwog“geht es um Verdacht der Untreue, Bestechung, Geschenkannahme im Zusammenhang mit dem von Grasser orchestrierten Verkauf von Bundeswohnungen. So weit, so klar. Dann geschah etwas: Im alten Petrikovics-Verfahren – dort geht es um die aus dem Ruder gelaufene Finanzierung eines Fitnesstempels nahe Monaco – hat sich herausgestellt, dass Petrikovics wegen gesundheitlicher Probleme nicht zur Verhandlung kommen kann. Der Mitangeklagte, Ex-Tennismanager Ronald Leitgeb, saß allein auf der Anklagebank. Hohenecker verurteilte ihn. Aber eben nur ihn. Der OGH war gar nicht einverstanden. Er hob das Urteil auf. Und ordnete einen neuen Leitgeb-Prozess an. Diesen muss – schon aus Prinzip – ein neuer Richter führen. Zum Zug kam die schon erwähnte Richterin Caroline Csarmann.
Der Angeklagte Petrikovics verblieb bei Hohenecker. Das könne doch nicht sein, argumentiert Michael Rohregger, Mitglied der Buwog-Verteidigerriege. Hohen- ecker habe schon einmal in der Monaco-Sache eine Verurteilung (Leitgeb) ausgesprochen, also müsse man bei ihr Befangenheit annehmen. Eben deshalb wandte sich Rohregger (siehe oben) an den Verfassungsgerichtshof.
Eine paradoxe Vision
Aber in der Zwischenzeit ist noch viel mehr passiert: Die zweite Prozessrunde in Sachen Leitgeb wurde eingeläutet, ganz nach OGHWunsch. Und in diesem Prozess stand vor ein paar Tagen der zuständige Staatsanwalt auf und stellte einen bemerkenswerten Antrag: Petrikovics möge in die Leitgeb-Verhandlung einbezogen werden (für alle Genannten gilt freilich die Unschuldsvermutung).
Hintergrund des Antrags ist der enge Zusammenhang der beiden Verfahren. Ein Beispiel: Bei separater Verfahrensführung könnte einer der beiden vorweg wegen Beihilfe verurteilt werden, später könnte der andere aber vom Vorwurf der unmittelbaren Täterschaft freigesprochen werden. Das wäre unbefriedigend. Denn dann gäbe es einen als Helfer bestraften Mann, aber (laut freisprechendem Urteil) keinen Straftäter, der die Tat ausgeführt hat.
Gibt Richterin Csarmann dem Antrag nun statt, holt sie den Angeklagten Petrikovics ins Boot. Damit müsste wohl auch der BuwogAkt zu ihr wandern. Bleibt abzuwarten, wie die Richterin entscheidet. Und was der Verfassungsgerichtshof zu all dem sagt.