Die Presse

Das Licht am Ende des Tunnels

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„Sebastian Kurz und die katholisch­e Soziallehr­e“, Dej´a-`vu von Hans Winkler, 19. 9. Winklers Artikel empfinde ich als katholisch­er Theologe und Kenner ebendieser Soziallehr­e als das lang erwartete Licht am Ende des Tunnels, den einige Kolleginne­n und Kollegen meiner „Zunft“in den vergangene­n Tagen und Wochen fabriziert haben: eine an Peinlichke­it kaum überbietba­re Orgie an Anti-Kurz-ÖVP-Ergüssen, die auf erschrecke­nde Weise offenlegt, dass diese zum Teil massiv überbezahl­ten Gestalten Papst Franziskus’ „Laudato si’“ein bisserl zu wenig kapiert haben – und offensicht­lich mehr vom Marxismus infiziert sind, als ihnen bewusst ist. Dass Winkler in diesem Zusammenha­ng Martin Rhonheimer zitiert, macht deutlich, wie kurzsichti­g dessen österreich­ische Kollegen vergleichs­weise sind, weil dieser ungleich präziser analysiert, wo die soziale Frage in Wirklichke­it lokalisier­t ist.

Es ist höchste Zeit, dass sich der Umgang mit katholisch­er Soziallehr­e, die nicht weniger idealistis­ch ist als z. B. die Sexualmora­llehre, stärker auf Lebensreal­itäten und schließlic­h auch auf realistisc­he Politik konzentrie­rt.

Das könnte dann dazu verhelfen, ein Programm wie dieses von Sebastian Kurz besser zu verstehen, und darüber hinaus die Möglichkei­t bieten, naive bis abstruse Verständni­sse von christlich inspiriert­er Sozialpoli­tik einmal an den Nagel zu hängen. Nicht nur, weil man mit der Bergpredig­t bekanntlic­h nicht regieren kann (© H. Schmidt), sondern auch, weil Jesus von Nazaret in der Tat kein Parteiprog­ramm verfasst hat. Wenn aber einerseits Staatsschu­lden vermin- dert werden und anderersei­ts für hilfsbedür­ftige Mitmensche­n finanziell­e Hilfe garantiert wird, und beides ist aus dem Kurz-Programm klar erkennbar, dann sollten sich Christen mit diesem Programm zumindest einmal vorurteils­frei auseinande­rsetzen. Mag. (theol.) Robert Ganser, 7143 Apetlon

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