Näher am Konsumenten
Logistikimmobilien. Der Onlinehandel verändert die Ansprüche an die Flächen. Vor allem Umschlagplätze in Zentrumsnähe werden verstärkt gesucht.
Der fortdauernde Siegeszug des Onlinehandels hat im Einzelhandel für große Umwälzungen gesorgt. Eine nicht unwesentliche Rolle spielt dabei die Generation der zwischen 1980 und 2000 Geborenen. „Millennials sind mit Tablets und Smartphones aufgewachsen und kaufen daher überwiegend online ein, und zwar eigentlich alles, was man nicht unmittelbar angreifen muss“, sagt Franz Pöltl, Geschäftsführer EHL Investment Consulting. Die Folge: Im stationären Einzelhandel werden immer weniger Flächen benötigt.
Dezentralisierung nötig
Der boomende Onlinehandel und das von den Millennials geprägte neue Konsumverhalten hat – gemeinsam mit dem starken Bevölkerungszuwachs in den globalen Metropolen – aber auch der Logistik ihren Stempel aufgedrückt. Einerseits ist der Flächenbedarf gestiegen. Auf der anderen Seite müssen online gekaufte Produkte innerhalb enger Zeitfenster – Stichworte Same- oder Next-DayDelivery – in die Städte gebracht werden. Die Nachfrage nach immer kürzeren Lieferzeiten sorgt letztlich dafür, dass bestehende Lieferketten neu ausgerichtet und auch Logistikimmobilien anderen Anforderungen gerecht werden müssen. „Eine optimale und effiziente Umsetzung von Same- beziehungsweise Next-Day-Delivery ist mit nur einem einzigen zentralen E-Commerce-Versandlager schwer zu bewerkstelligen“, erklärt Alexander Fenzl, Leiter des gewerblichen Maklerteams bei Otto Immobilien.
Damit Retailer flächendeckend Lieferzeiten innerhalb eines Tages bis hin zum Übergabeort darstellen können, sei eine Ausweitung und Dezentralisierung der Lagereinheiten nötig. „Schon vor Anlaufen des Warehousing-Prozesses müssen die Warenbestände möglichst nahe an den Verbraucher gebracht werden, um Steh- und Laufzeiten zu minimieren.“Logistikdienstleister sind also auf Lager an zentralen Verkehrsknotenpunkten angewiesen, um die Anfahrtszeiten so gering wie möglich zu halten.
Einen weltweiten Blick auf neue Logistikstrategien für die letzte Weile wirft der CBRE-Report „Last Mile/City Logistics“. Dazu gehören etwa mehrstöckige Logistikzentren in verdichteten urbanen Zentren, neue Logistikimmobilientypen in Citynähe und -lage sowie Schließfächer, an denen Lieferungen abgeholt werden können. Neue Servicestationen, die in kleinen Baulücken entstehen, gehören ebenso dazu wie Konzepte für die Nachnutzung von Einzelhandelsund Büroimmobilien in Citylagen. „Es gibt derzeit aber noch keine Patentlösung, vielmehr wird in zahlreichen Großstädten nach Lösungen gesucht, um eine 24-Stunden-Logistik in Citynähe zu integrieren“, erläutert Franz Kastner, Consultant Advisory & Transaction Services Industrial & Logistics bei CBRE Österreich. Er geht davon aus, dass in Zukunft viele verschiedene Lieferkonzepte nebeneinander bestehen werden, in denen auch Lastenfahrräder eine Rolle spielen. DHL Express testet etwa gegenwärtig ein neues City-HubKonzept mit Lastenfahrrädern und Containerboxen in der Innenstadt von Frankfurt und Utrecht.
Bedarf wird steigen
In Wien seien die Wegstrecken von den Depots am Stadtrand in die City nicht so weit, dass tatsächlich ein dringender Bedarf an zentrumsnahen Depots gegeben wäre, hält Kastner fest. „Das wird sich allerdings ändern, wenn verstärkt heiklere Ware umgeschlagen wird.“Kastner verweist auf Studien, die davon ausgehen, dass der Anteil von Lebensmitteln im Onlinehandel in den kommenden Jahren stark zunehmen wird. „Dafür werden kürzere Lieferwege benötigt und Umschlaglager in Zentrumsnähe wichtiger.“Welchen Anfor- derungen müssen die angeführten Depots gerecht werden? Laut Kastner muss die Ware in solchen Lagern sortiert und von Lkws auf Kleintransporter umgeschlagen werden. Sie müssten daher über mindestens eine Lkw-Rampe für den Inbound sowie möglichst viele Klein-Lkw-Rampen oder Stellplätze für den Outbound verfügen. „Aufgrund der Umschlagshäufigkeit der Ware ist eine Raumhöhe von fünf Metern hier bereits ausreichend“, so der Experte.
„Der Bedarf an spezialisierten Immobilien für die Umsetzung von neuen technologischen Innovationen in der Logistik ist hoch – ganz gleich, ob es sich um ein großes Logistikcenter oder kleine Distribution seinrichtungen handelt“, sagt Tina Steindl, Logistikexpertin bei Otto Immobilien. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf den im Ausbau befindlichen Segro Business Park Wien Liesing, der auch die Bedürfnisse eines Citylogistikers abdecken kann. Das Gleiche gilt auch für einige große Verteilzentren am Stadtrand der Donaumetropole. DPD beliefert beispielsweise Kunden im Norden Wiens von Korneuburg – der Süden Wiens wird wiederum vom Standort in Maria Lanzendorf abgedeckt.