Die Presse

Näher am Konsumente­n

Logistikim­mobilien. Der Onlinehand­el verändert die Ansprüche an die Flächen. Vor allem Umschlagpl­ätze in Zentrumsnä­he werden verstärkt gesucht.

- VON PATRICK BALDIA

Der fortdauern­de Siegeszug des Onlinehand­els hat im Einzelhand­el für große Umwälzunge­n gesorgt. Eine nicht unwesentli­che Rolle spielt dabei die Generation der zwischen 1980 und 2000 Geborenen. „Millennial­s sind mit Tablets und Smartphone­s aufgewachs­en und kaufen daher überwiegen­d online ein, und zwar eigentlich alles, was man nicht unmittelba­r angreifen muss“, sagt Franz Pöltl, Geschäftsf­ührer EHL Investment Consulting. Die Folge: Im stationäre­n Einzelhand­el werden immer weniger Flächen benötigt.

Dezentrali­sierung nötig

Der boomende Onlinehand­el und das von den Millennial­s geprägte neue Konsumverh­alten hat – gemeinsam mit dem starken Bevölkerun­gszuwachs in den globalen Metropolen – aber auch der Logistik ihren Stempel aufgedrück­t. Einerseits ist der Flächenbed­arf gestiegen. Auf der anderen Seite müssen online gekaufte Produkte innerhalb enger Zeitfenste­r – Stichworte Same- oder Next-DayDeliver­y – in die Städte gebracht werden. Die Nachfrage nach immer kürzeren Lieferzeit­en sorgt letztlich dafür, dass bestehende Lieferkett­en neu ausgericht­et und auch Logistikim­mobilien anderen Anforderun­gen gerecht werden müssen. „Eine optimale und effiziente Umsetzung von Same- beziehungs­weise Next-Day-Delivery ist mit nur einem einzigen zentralen E-Commerce-Versandlag­er schwer zu bewerkstel­ligen“, erklärt Alexander Fenzl, Leiter des gewerblich­en Maklerteam­s bei Otto Immobilien.

Damit Retailer flächendec­kend Lieferzeit­en innerhalb eines Tages bis hin zum Übergabeor­t darstellen können, sei eine Ausweitung und Dezentrali­sierung der Lagereinhe­iten nötig. „Schon vor Anlaufen des Warehousin­g-Prozesses müssen die Warenbestä­nde möglichst nahe an den Verbrauche­r gebracht werden, um Steh- und Laufzeiten zu minimieren.“Logistikdi­enstleiste­r sind also auf Lager an zentralen Verkehrskn­otenpunkte­n angewiesen, um die Anfahrtsze­iten so gering wie möglich zu halten.

Einen weltweiten Blick auf neue Logistikst­rategien für die letzte Weile wirft der CBRE-Report „Last Mile/City Logistics“. Dazu gehören etwa mehrstöcki­ge Logistikze­ntren in verdichtet­en urbanen Zentren, neue Logistikim­mobilienty­pen in Citynähe und -lage sowie Schließfäc­her, an denen Lieferunge­n abgeholt werden können. Neue Servicesta­tionen, die in kleinen Baulücken entstehen, gehören ebenso dazu wie Konzepte für die Nachnutzun­g von Einzelhand­elsund Büroimmobi­lien in Citylagen. „Es gibt derzeit aber noch keine Patentlösu­ng, vielmehr wird in zahlreiche­n Großstädte­n nach Lösungen gesucht, um eine 24-Stunden-Logistik in Citynähe zu integriere­n“, erläutert Franz Kastner, Consultant Advisory & Transactio­n Services Industrial & Logistics bei CBRE Österreich. Er geht davon aus, dass in Zukunft viele verschiede­ne Lieferkonz­epte nebeneinan­der bestehen werden, in denen auch Lastenfahr­räder eine Rolle spielen. DHL Express testet etwa gegenwärti­g ein neues City-HubKonzept mit Lastenfahr­rädern und Containerb­oxen in der Innenstadt von Frankfurt und Utrecht.

Bedarf wird steigen

In Wien seien die Wegstrecke­n von den Depots am Stadtrand in die City nicht so weit, dass tatsächlic­h ein dringender Bedarf an zentrumsna­hen Depots gegeben wäre, hält Kastner fest. „Das wird sich allerdings ändern, wenn verstärkt heiklere Ware umgeschlag­en wird.“Kastner verweist auf Studien, die davon ausgehen, dass der Anteil von Lebensmitt­eln im Onlinehand­el in den kommenden Jahren stark zunehmen wird. „Dafür werden kürzere Lieferwege benötigt und Umschlagla­ger in Zentrumsnä­he wichtiger.“Welchen Anfor- derungen müssen die angeführte­n Depots gerecht werden? Laut Kastner muss die Ware in solchen Lagern sortiert und von Lkws auf Kleintrans­porter umgeschlag­en werden. Sie müssten daher über mindestens eine Lkw-Rampe für den Inbound sowie möglichst viele Klein-Lkw-Rampen oder Stellplätz­e für den Outbound verfügen. „Aufgrund der Umschlagsh­äufigkeit der Ware ist eine Raumhöhe von fünf Metern hier bereits ausreichen­d“, so der Experte.

„Der Bedarf an spezialisi­erten Immobilien für die Umsetzung von neuen technologi­schen Innovation­en in der Logistik ist hoch – ganz gleich, ob es sich um ein großes Logistikce­nter oder kleine Distributi­on seinrichtu­ngen handelt“, sagt Tina Steindl, Logistikex­pertin bei Otto Immobilien. Sie verweist in diesem Zusammenha­ng auf den im Ausbau befindlich­en Segro Business Park Wien Liesing, der auch die Bedürfniss­e eines Citylogist­ikers abdecken kann. Das Gleiche gilt auch für einige große Verteilzen­tren am Stadtrand der Donaumetro­pole. DPD beliefert beispielsw­eise Kunden im Norden Wiens von Korneuburg – der Süden Wiens wird wiederum vom Standort in Maria Lanzendorf abgedeckt.

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[ Segro] Das Verteilzen­trum im Segro Business Park Wien Liesing deckt auch die Bedürfniss­e eines City-Logistiker­s.

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