Wo Schiff und Bahn die Nase vorn haben
Bei Erz, Stahl, Kohle, Holz oder Getreide haben Lkw das Nachsehen. Neben Vorteilen bei der Transportlogistik kommen auch wirtschaftliche Argumente zum Tragen.
Sollen Güter in großen Mengen und über größere Strecken transportiert werden, hat ist der Lkw meist erst zweite oder dritte Wahl. Bahn und Schiff sind eindeutig im Vorteil, wenn Tonnen von Erz, Stahl, Holz, Kohle, Getreide oder Mineralöl durch die Lande geschickt werden. Warum diese sogenannten Massengüter auf diese Transportmittel abfahren, erklärt Clemens Först, Vorstand der Rail Cargo Group, an einem anschaulichen Beispiel: „Wir fahren alleine für die Voest bis zu 30 Züge am Tag mit 1000 bis 1200 Nettotonnen pro Zug. Dafür wären rund 1200 Lkw nötig, eine unvorstellbare Belastung für das Straßennetz im Großraum Linz.“
Günstigere Kosten
Aber nicht nur dieses Argument sowie die damit verbundenen erheblichen Einsparungen an CO bringen Massengüter auf die Schiene, betont Först: „Die Bahn ist hier auch wirtschaftlich klar im Vorteil.“Vor allem beim Transport von Massengütern auf längeren Strecken, etwa bei Eisenerz aus dem Hafen Koper, der Ukraine oder Südpolen, ist die Schiene punkto günstigere Kosten nicht zu schlagen. Eine gemütliche Rente für die Bahnbetriebe sind Massengüter aber heute nicht mehr, streicht Först hervor: „In den klassischen Industrien werden die Supply Chains ebenfalls optimiert und damit steigen die Qualitätsanforderungen an den Bahntransport.“
Als ein Beispiel hierfür nennt Först ein von der Rail Cargo Group gemeinsam mit voestalpine und Innofreight umgesetztes, innovatives Kokslogistiksystem. Anstelle der früher eingesetzten Spezial-Waggons kommen nun neu konstruierte Wagen mit getrennten Behältern zum Einsatz. Das ermöglicht nicht nur flexibleren Einsatz der Waggons, sondern auch höhere Nettozuladung und eine wesentlich sicherere und einfachere Entladung. Am Gelände der voestalpine in Leoben/Donawitz ist eine automatische Entladeeinrichtung bereits seit knapp zwei Jahren im Betrieb. Unterwegs sind die Massengüter per Bahn nicht nur in Österreich. Die Rail Cargo Group ist Europas zweitgrößter Bahnlogistiker, „zwei Drittel unserer Verkehre sind grenzüberschreitend, in zehn europäischen Ländern fahren wir auch selbst“, berichtet Först. Größte Kunden im Bereich Massengüter sind die Voest, mit einem Anteil im mittleren einstelligen Bereich, die OMV mit Mineralölen, und bei landwirtschaftlichen Produkten die Agrana.
Eine wichtige Rolle spielt auch Holz und die holzverarbeitende Industrie. In diesem Bereich arbeitet die Rail Cargo Group mit der Kommunikationsplattform Forst Holz Papier (FHP) zusammen. Im Mai des heurigen Jahres wurde die Partnerschaft verlängert und so die Holztransporte per Bahn bis 2020 gesichert. Um den Rohstoff aus Österreichs Wäldern ins nationale und internationale Schienenetz zu bringen, existieren derzeit mehr als 400 Bedienstellen und 125 Holz- und Kernnetzbahnhöfe.
Getreidesilos am Wiener Hafen
Das Argument mit den schieren Mengen führt auch Fritz Lehr, Geschäftsführer des Wiener Hafens, ins Treffen, wenn es um Schiffstransporte geht: „Nehmen Sie einen Schubverband auf der Donau, der kann weit über 6000 Tonnen aufnehmen, das ist die Nutzlast von mehr als 200 Lkw.“Massengüter sind für den Wiener Hafen ein wichtiger Teil des Geschäfts. Weithin erkennbar ist das etwa an den riesigen Getreidesilos im Alberner Hafen, wo aus Rumänien und Ungarn per Schiff, aber auch aus Österreich angeliefertes Korn gelagert wird. Von hier aus geht das Getreide per Bahn oder per Lkw dann zur Weiterverarbeitung in Betriebe in ganz Österreich. Neben Getreide ist im Alberner Hafen auch Holz ein wichtiges Umschlaggut. Dieses wird vor allem für die Wei- terverarbeitung zu Hackschnitzeln genutzt. Dazu befindet sich am Hafen-Gelände in unmittelbarer Nähe eines Schiffsentladeplatzes mit Bahn- und Lkw-Anschluss ein Biomasselogistikzentrum. Die hier produzierten Hackschnitzel dienen der Versorgung des Kraftwerkes und Fernheizwerkes Simmering. Hinzu kommen Baumaterialien: „Es sind vor allem Zement und Sand, die über den Wasserweg angeliefert und von hier aus weiter transportiert werden“, erläutert Lehr. Die Baustoffe stammen, ebenso wie die landwirtschaftlichen Produkte, meist aus stromabwärts liegenden Ländern.
Und letztlich spielen für den Hafen Wien noch Stahlprodukte eine wichtige Rolle. Im Ölhafen Lobau findet sich ein von mehreren Firmen betriebenes Stahl Logistik Center, in dem auf einer Warmbandtafelanlage alle Baustahlgüten, Kesselbleche und hochfeste Stahlwerkstoffe bearbeitet werden.
Die Weiterverarbeitung von Massengütern, die per Schiff oder per Bahn angeliefert werden, ist auch im Hafen Enns ein wichtiges Thema. „Bei uns haben sich eine Reihe von Firmen angesiedelt, die die Umschlagmöglichkeiten des Hafens nützen und hier auch ihre Betriebe haben“, erzählt Werner Auer, Geschäftsführer des Ennshafen. Dazu zählt etwa die Donausäge Rumplmayr, die im Hafengelände aus Hölzern, die aus der gesamten zentraleuropäischen Region stammen, verschiedenste Holzfertig- und Halbfertigprodukte herstellt.
teilen sich Bahn und Schiff. Allein die voestalpine füllt täglich bis zu 30 Züge mit ihren Stahlprodukten. Auch Holztransporte sind für die Rail Cargo Austria ein weiteres wichtiges Geschäftsfeld. Am Wiener Hafen und Ennshafen werden per Schiff Getreide, Holz, Baumaterialien und Stahlprodukte angeliefert.