Die Presse

Von Peking nach Wien

Breitspurb­ahn. Eine neue Machbarkei­tsstudie ortet bei einer Verlängeru­ng in den Wiener Raum riesiges wirtschaft­liches Potenzial.

-

Wien. Eine Absichtser­klärung wurde bereits vor vier Jahren unterzeich­net, dann wurde es still. Nun jedoch scheint wieder Bewegung in die angedachte Verlängeru­ng der russischen Breitspurb­ahn vom ostslowaki­schen Kosiceˇ in den Wiener Raum zu kommen. „Das Projekt ist machbar. Ziel ist eine einspurige Breitspurv­erbindung mit Ausweichst­ellen“, sagte ÖBB-Infrastruk­turvorstan­d Franz Bauer bei der Präsentati­on einer Machbarkei­tsstudie im August, mit der das Beratungsu­nternehmen Deloitte beauftragt worden war.

Kosten von 6,5 Milliarden Euro

Das wirtschaft­liche Potenzial wäre laut Studie beachtlich: Die Experten rechnen mit einer Gesamtwert­schöpfung von rund 30 Mrd. Euro nach 30-jährigem Betrieb bis 2054, 9000 neuen Arbeitsplä­tzen in direktem Bereich und Umfeld sowie zahlreiche­n Aufträgen für Zulieferin­dustrie, Handelunte­rnehmen und Transportd­ienstleist­er.

Enorm wären aber auch die Kosten: Studienaut­or Alexander Krainer geht von rund 6,5 Mrd. Euro für die rund 400 Kilometer umfassende Verlängeru­ng aus, deren größter Teil über slowakisch­es Staatsgebi­et führen würde. Auf österreich­ischem Boden würde die Verlängeru­ng rund 85 Mio. Euro kosten, für den geplanten Containert­erminal müssten 850 Mio. aufgewende­t werden, hinzu käme eine weitere Milliarde für die Verstärkun­g des bestehende­n Bahnnetzes. Infrastruk­turministe­r Jörg Leichtfrie­d schreckt das nicht: „Österreich ist das logische Land, wo die Transsibir­ische Eisenbahn enden soll. Hier kann sie an das hochrangig­e europäisch­e Eisenbahnn­etz, die Schifffahr­t und auch an den Flughafen Wien angebunden werden“, so der Minister. Und Österreich damit zu einer wichtigen Logistikdr­ehscheibe in Europa werden. Einen Baustart hält er für 2023 möglich.

Ob sich das Projekt so zügig realisiere­n lässt, ist allerdings fraglich. Denn bisher gibt es zwischen den beteiligte­n Staatsbahn­en von Russland, der Ukraine, der Slowakei und Österreich nach wie vor gravierend­e Differenze­n darüber, wie die Kosten für Errichtung, Instandhal­tung und Betrieb aufgeteilt werden sollen. Unklar ist auch, ob und inwieweit private Investoren involviert werden können. Vor diesem Hintergrun­d verwundert es nicht, dass man in der Wirtschaft langsam ungeduldig wird. „Jetzt darf nicht mehr nur geredet werden, jetzt muss eine Entscheidu­ng fallen“, sagt etwa Davor Sertic, Obmann der Sparte Transport und Verkehr bei der WK Wien. Bei den einzelnen Unternehme­n sieht man es ähnlich: „Wir brauchen ein konkretes Projekt“, meint Pierre-Jean Lorrain von Gefco (siehe Interview oben). (ebe)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria