Wer das Geld ausgibt, soll es auch verdienen müssen
Analyse. Bund oder Länder – einer von beiden muss auf Macht verzichten. Wer? Lasst das Volk entscheiden!
Wien. Es ist vielleicht ein Satz des früheren Rechnungshofpräsidenten Franz Fiedler, der das Dilemma am besten auf den Punkt bringt. „Neun Jagdrechte finde ich auch überzogen, es ist ja nicht so, dass in Tirol Lamas herumrennen und im Burgenland Leoparden“, meinte Fiedler einmal zum Verhältnis zwischen Bund und Ländern.
Die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern, sie folgt keiner besonderen Logik. Für Pflichtschulen ist etwa das Land zuständig, für höhere Schulen der Bund, die Schulgebäude sollen aber die Gemeinden erhalten. Würde ein großer Konzern so kompliziert seine Filialen verwalten, dem Unternehmen wäre wohl kein langes Leben beschert. Dabei ist es ja nicht so, dass Politiker in Bund und Land keine Reform wollten, viele hätten sie sogar sehr gern. Aber nur, solang der jeweils andere an Macht verliert. Vor allem die Landeshauptleute haben da so ihre Befürchtungen und blocken ab.
In Wahrheit brauchte man einen radikalen Schnitt, sei es in die eine oder in die andere Richtung. Variante eins wäre eine klare Stärkung des Bundes, indem man die Landtage und die Ländergesetzgebung ganz abschafft.
Damit die Bundesländer ihre Identität nicht verlieren, könnten sie ja weiterhin einen Landeshauptmann wählen, der als Repräsentant beim Narzissenfest in Bad Aussee auftritt oder eine Kompanie der Tiroler Schützen abschreitet. Um dem Ganzen politisches Gewicht zu geben, könnte man den Bundesrat durch eine Versammlung der neun Landeshauptleute ersetzen. So würden die Länder weiterhin an der Gesetzgebung mitwirken, aber eben an der Bundesgesetzgebung. Und es wäre Schluss mit neun verschiedenen Baurechten, Jagdrechten oder Jugendschutzgesetzen.
Kein Landtag, dafür Bundesbehörden?
Schmackhaft könnte man den Ländern das Ende der Landtage auch machen, indem man im Gegenzug andere Institutionen besser verteilt. „Es gibt keinen Grund, warum der Verfassungsgerichtshof nicht in Dornbirn sein kann“, hat der Präsident der Rechtsanwälte, Rupert Wolff, einmal gemeint. Die Zeiten, in denen alles in Wien sein musste, weil man mit der Pferdekutsche nicht weiterkommt, scheinen tatsäch- lich vorbei zu sein. Deutschland, das Bundesbehörden (und sogar Ministerien) in verschiedenen Städten hat, soll ja auch ganz gut funktionieren.
Variante zwei wäre, die Ländergesetzgebung beizubehalten. Dann sollte man den Ländern aber nach dem Vorbild der Schweizer Kantone deutlich mehr Rechte geben, insbesondere im Bereich der Steuern. Nach dem Motto: Wer Geld ausgibt, muss es vorher auch verdienen. Wenn dadurch ein Wettbewerb zwischen den neun Ländern entsteht (wer bietet die besten Schulen, wer verlangt dafür wie viel Steuern, wer hat die beste Verwaltung?), soll das zum Schaden der Bürger nicht sein.
Momentan schwanken etwa die Kosten pro Schüler stark, und das lässt sich nur zum Teil durch kleinere Klassen in bestimmten Ländern erklären. Selbst wenn man diesen Faktor berücksichtigt, ist ein Pflichtschüler in Vorarlberg noch immer um fast 1000 Euro billiger als in Kärnten. Ob Kärntner aber dafür wirklich schlauer aus der Schule kommen als Vorarlberger?
Einige für den Gesamtstaat wichtige Bereiche (zum Beispiel Außen- und Sicherheitspolitik) müssten aber auch im Konzept der starken Länder beim Bund bleiben. Es wäre auch absurd, wenn jedes Bundesland sich eigene Abfangjäger kaufte.
Da die Politik aber trotz zahlreicher Versuche (Österreich-Konvent, Expertengruppen) es bisher nicht geschafft hat, eine Lösung zu finden, sollte man über die beiden Varianten (starker Bund oder starke Länder) eine Volksabstimmung machen. Anders wird es wohl nie etwas mit der großen Reform werden.
Doppelförderungen vermeiden
Bis eine solche Reform endlich kommt, müsste man die Instrumente, die es schon gibt, mit Leben erfüllen: So bringt die Transparenzdatenbank nur dann einen echten Nutzen, wenn alle Gebietskörperschaften alle Daten eingeben. So kann man Doppel- und Dreifachförderungen auf verschiedenen Ebenen verhindern. Der Begriff One-Stop-Shop (also dass man für alle Genehmigungen rund um ein Thema nur einmal auf die Behörde muss) gehört noch stärker verinnerlicht. Beim E-Government (Behördenwege per Internet) steht Österreich bereits sehr gut da, aber auch hier ist noch Luft nach oben.
Wozu man hingegen im Gesundheitsbereich 21 Sozialversicherungsanstalten braucht, weiß niemand so genau. Hier sind Reformen genauso nötig wie im Verhältnis von Bund und Ländern. Auch wenn es bei den bisherigen Erfahrungen mit dem Thema Staatsreform noch wahrscheinlicher erscheint, dass zuvor in Tirols Bergen Lamas oder in der pannonischen Tiefebene Leoparden gesichtet werden.