Spital Nord: Zu wenig Personal
Rechnungshof. Neben der Kostenexplosion hält der vertrauliche Rechnungshofbericht zum Spital Nord ein weiteres, ernstes Problem auf. Es wird de facto vor der geplanten Inbetriebnahme gewarnt – wegen Personalmangel.
Neben der Kostenexplosion wirft der vertrauliche Rechnungshofbericht zum Spital Nord ein weiteres Problem auf. Es wird de facto vor der geplanten Inbetriebnahme gewarnt – wegen Personalmangels.
Wien. Es ist eine ernüchternde Zahl, die sich auf dem aktuellsten Prüfvermerk zum Spital Nord in dem vertraulichen RechnungshofRohbericht zum modernsten Spital Europas findet: Die ursprünglichen Kosten für das Krankenhaus Nord (825 Millionen Euro) sind auf Gesamtkosten in der Höhe von 1,5 Milliarden Euro gestiegen – „Die Presse“berichtete exklusiv in ihrer Dienstag-Ausgabe. Diese Gesamtsumme liegt mehr als 400 Millionen Euro über jenem Betrag, mit dem im Büro der zuständigen Stadträtin Sandra Frauenberger weiterhin gerechnet wird.
Die Reaktionen auf den brisanten Bericht der „Presse“fielen heftig aus. ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec forderte Konsequenzen, da das Spital Nord zu einer Geldvernichtungsmaschine verkomme. FPÖ-Vizebürgermeister Johann Gudenus bezeichnete die „prolongierte Kostenexplosion“als „größten Skandal dieser Stadt“und kündigte eine Untersuchungskommission an.
Zu wenig Spezialisten vorhanden
Die Kostenexplosion, die im Prüfvermerk der begleitenden externen Kontrolle Fritsch, Chiari & Partner ZT festgehalten ist (auf diese Zahlen bezieht sich der Rechnungshof ) ist nicht das einzige Problem. Nach „Presse“-Informationen wird im Prüfbericht de facto vor der geplanten Inbetriebnahme des Krankenhauses Nord gewarnt – was mehrere, voneinander unabhängige Personen, die in die Causa involviert sind, der „Presse“nochmals bestätigen.
Konkret geht es um die technische Inbetriebnahme des Milliardenprojekts. Also den simulierten Echtbetrieb, der Anfang nächsten Jahres beginnt. Der Rechnungshof warnt dazu, dass es für einen Echtbetrieb nicht genug qualifiziertes Personal gibt. Also speziell ausgebildete Techniker, die das Hi-TechKrankenhaus am Laufen halten können.
Der Hintergrund: Nach der baulichen Fertigstellung muss ein derart neuartiges, komplexes System naturgemäß getestet werden – weil es noch unkalkulierbare Effekte gibt. „Im simulierten Echtbetrieb erkennt man, was nicht funktioniert“und man lerne, wo bei Problemen im Echtbetrieb angesetzt werden müsse, erklärt eine involvierte Person, die namentlich nicht genannt werden möchte: „Die Inbetriebnahme ist deshalb die heikelste Phase des Projektes.“Immerhin können Patienten erst übersiedelt wer- den, wenn die Techniker gelernt haben, was passieren kann, und wie man auch auf massive Systemausfälle richtig reagiert.
Bereits im August 2016 hatte „Die Presse“davon berichtet, dass Spezialisten der Stadt fehlen, damit diese die technische Infrastruktur selbst betreiben kann. Dem Vernehmen nach weil der rechtzeitige Start der extrem langwierigen Ausbildung im KAV verschlafen wurde.
Zur Erklärung: Die Technik im Spital Nord ist gigantisch und mit normaler Haustechnik nicht vergleichbar. Sie nimmt in dem Mega-Spital drei volle Untergeschoße sowie das Dachgeschoß ein. Eine Einschulung für dieses neuartige, komplexe System dauert enorm lange.
Thomas Balazs,´ interimistischer KAV-Direktor und für das Spital Nord zuständig, erklärt dazu: Er kenne den Rechnungshofbericht nicht. Derzeit würden 20 Leute (der Stadt, Anm.) in dieser technischen Abtei- lung arbeiten: „Wir gehen davon aus, dass wir nicht externe Hilfe brauchen.“Das Steuern der Anlage werde man schaffen, so Balazs,´ der den KAV im März verlassen wird.
Nur: Im August 2016 hatte der KAV erklärt, man habe 16 Personen, brauche 80, und werde es schaffen, die Technik des Spitals selbst zu betreiben. Ein Jahr später, der Beginn des technischen Betriebs ist in Sicht- weite, konnte der KAV die Zahl der technischen Spezialisten nur um vier auf derzeit 20 erhöhen – bei benötigten 80. „Derartige Spezialisten wachsen nicht auf den Bäumen“, ist im KAV dazu zu hören. Unbestätigten Meldungen zufolge soll es Versuche der Stadt gegeben haben, diese Techniker vom Baukonsortium abzuwerben: „Die haben allerdings eine Konkurrenzklausel, die können nicht direkt wechseln“, ist zu hören.
Falls die Stadt die notwendigen Spezialisten nicht auftreiben kann, wird es teuer. Dann müsste der technische Betrieb vermutlich die ersten ein, zwei Jahren ausgelagert werden – wahrscheinlich an jene Firmen, welche die Anlagen gebaut haben.
Zur Einschätzung: Die Kosten für den Betrieb eines Spitals betragen pro Jahr etwa 20 Prozent der Errichtungskosten, ein Drittel davon entfallen auf die Technik. Das würde der Stadt also weitere geschätzte 60 bis 75 Millionen Euro kosten.