Facebook: Wo die SPÖ unrecht hat
Wahl. Plagiatsjäger Stefan Weber analysiert die AntiKurz und Anti-KernFacebookseiten. Die Autoren sollen nicht dieselben sein.
Wien. Kanzler Christian Kern will volle Aufklärung. Dass Dirty Campaigning im Büro seines Ex-Beraters Tal Silberstein gegen den ÖVPSpitzenkandidaten Sebastian Kurz betrieben wurde, streitet die Partei nicht ab. Silberstein konzipierte und betrieb mit seinem Team die beiden Facebookseiten „Wir für Sebastian Kurz“und „Die Wahrheit über Sebastian Kurz“. Es gab auch antisemitische und rassistische Postings.
Die Analyse
Eine Task-Force soll nun herausfinden, was nach der Verhaftung Silbersteins Mitte August passiert sei. Denn obwohl die SPÖ die Zusammenarbeit offiziell aufgekündigt hat, wurden die Facebookseiten gegen Kurz weiterbetrieben. Kern ortete bei seiner Pressekonferenz am Sonntag „illoyale Mitarbeiter“im Team Silbersteins, die früher in anderen Parteien waren und nun exzellente Kontakte dorthin haben. Weiters stellt er eine Verschärfung des Tons auf den beiden Seiten nach Silbersteins Verhaftung fest – er sei dazu selbst lächerlich gemacht worden.
Kern will dazu wissen, wer die Seite „Die Wahrheit über Christian Kern“betrieben hat – und stellt unterschwellig in den Raum, dass es sich um dieselben Personen handeln könnte, die die Anti-KurzSeiten betrieben haben – und die später zu einer anderen Partei übergelaufen sein könnten. Als Indiz wird gewertet, dass die Seiten fast zum selben Zeitpunkt offline gegangen sind.
Für die „Presse“hat der Medienwissenschafter und Plagiatsexperte Stefan Weber alle Postings der drei Facebookseiten analysiert und verglichen. Sein Fazit: „Die These von Christian Kern, dass es nach dem Abgang von Silberstein zu einer massiven Beschleunigung des Tons gekommen ist, ist inhaltsanalytisch recht ein- fach zu widerlegen“, so Weber. Eine Änderung der Themen-Agenda oder eine Änderung der Tonalität sei nicht erkennbar.
Auf der Seite „Die Wahrheit für Sebastian Kurz“hat es etwa von 28. 6. bis 14. 8. zwölf Postings zu Migrationsthemen (Flüchtlingspolitik, Mittelmeerroute, Willkommenskultur, Islamstudie etc.) gegeben. Danach, bis die Seite offline gegangen ist, waren es elf. Auf der Seite „Wir für Sebastian Kurz“waren es bis Mitte August 21 Postings zu Migrationsthemen, danach 16.
„Die Kampagne war mit und nach Silberstein genauso plump, demagogisch und peinlich“, sagt Weber zur „Presse“. Die Seiten leben vor allem von Fotomontagen und weniger von Text.
Unterschiedliche Stile
Weber ist davon überzeugt, dass der Autor (und Konzeptionist) von „Die Wahrheit über Christian Kern“nicht der Autor von „Die Wahrheit über Sebastian Kurz“ist. Die Texte, die auf „Die Wahrheit über Christian Kern“gepostet wurden, seien deutlich länger und elaborierter als auf der Kurz-Seite. Dazu werde auf der Kern-Seite mehr auf tagesaktuelle Berichterstattung Bezug genommen. Sie seien frecher getextet und verfügten über viel mehr Hintergrundwissen, so Weber. Auffallend sei etwa das Wissen über die Politberaterszene: Es werden etwa Namen genannt, die wohl nur Insider kennen.
Weitere Stil-Spezifika der Kern-Seite wären etwa die auffallend häufige Kleinschreibung nach Doppelpunkten, Zusammenschreiben eigentlich getrennter Wörter. Nun wäre es zwar möglich, dass es in Silbersteins Team zwei verschiedene Autoren gegeben hat, wahrscheinlich ist das aber nicht. Denn jeder Inhalt, der auf den beiden Kurz-Seiten gepostet wurde, wurde nach „Presse“-Informationen genau abgestimmt.