Die Presse

Klage möglich, aber in der Praxis schwierig

Dirty Campaignin­g. Was man gegen Facebookse­iten tun kann, und warum das Recht doch schwer durchsetzb­ar ist.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Kann man gegen die Betreiber von Dirty-Campaignin­g-Webseiten wie „Die Wahrheit über Sebastian Kurz“rechtlich vorgehen? Theoretisc­h stehen die Chancen dafür gut, praktisch jedoch schlecht.

Die Betreiber der dubiosen Facebookse­iten haben gegen die Verpflicht­ung, den Medieninha­ber offenzuleg­en, verstoßen. Als Sanktion dafür droht eine Verwaltung­sstrafe von bis zu 20.000 Euro. Realistisc­h wäre eine Buße von etwa 2000 Euro, sofern es sich um bisher unbescholt­ene Täter handelt, meint Rechtsanwa­lt und Medienrech­tsexperte Michael Rami. Verhängen müsste die Strafe die zuständige Bezirksver­waltungsbe­hörde oder Landespoli­zeidirekti­on.

Zivilrecht­lich könnte man die Betreiber, wenn sie falsche Behauptung­en verbreiten, auf Unterlassu­ng und Widerruf klagen. Der Widerruf hat grundsätzl­ich in dem Medium zu erfolgen, in dem die falsche Behauptung aufgestell­t wurde. Da die Facebookse­ite aber vom Netz genommen wurde, ist das nicht möglich. Stattdesse­n könnte man auf eine Zeitung mit ähnlichem Verbreitun­gsgebiet ausweichen, sagt Rami. Schadeners­atzforderu­ngen seien schwierig: Denn man müsste beweisen, dass durch die Seite ein finanziell­er Schaden entstanden ist.

Strafrecht­lich könnten die Tatbeständ­e der Beleidigun­g (Freiheitss­trafe bis zu drei Monaten oder Geldstrafe bis zu 180 Tagessätze­n) oder der üblen Nachrede (bis zu ein Jahr Haft oder bis zu 720 Tagessätze­n) greifen. Beides sind aber Privatankl­agedelikte. Man müsste also selbst und ohne Hilfe vom Staatsanwa­lt das Verfahren führen.

Um gegen jemanden vorzugehen, muss man aber erst wissen, wer hinter der Seite steckt. Nach „Presse“-Informatio­nen wurden die Facebookse­iten unter falschem Namen registrier­t und anonym bezahlt. Zudem ist nicht höchstgeri­chtlich geklärt, ob man Facebook vor einem österreich­ischen Gericht belangen könnte, falls der US-Konzern nicht kooperiert.

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