Die Presse

Sex erzwingen – „in Österreich nicht möglich“

Verurteilt. Eine Haftstrafe erhielt jener Afghanista­nFlüchtlin­g, der am Donauinsel­fest eine Frau sexuell attackiert hatte.

- VON MANFRED SEEH

Wien. Der Fall hatte für Empörung gesorgt: Nachdem bekannt geworden war, dass am Donauinsel­fest (24. Juni) ein junger Asylwerber aus Afghanista­n eine slowakisch­e Austauschs­tudentin sexuell attackiert hatte (von versuchter Vergewalti­gung war die Rede), aber nicht sofort in U-Haft genommen wurde, meldete sich sogar Bundeskanz­ler Christian Kern zu Wort. Der Regierungs­chef teilte das Unverständ­nis eines jungen Mannes, der ein viel beachtetes Wutvideo veröffentl­icht hatte. Am Dienstag sprach die Justiz ein Machtwort: Der 19-jährige Asylwerber bekam 18 Monate Haft.

Der Flüchtling (Verteidigu­ng: Alexia Stuefer) war wegen zwei Delikten angeklagt. Zunächst wegen geschlecht­licher Nötigung. Laut Staatsanwa­lt habe der junge Mann die Studentin unsittlich angefasst, während diese von tanzenden Männern aus Nordafrika umringt und bedrängt worden sei. Stichwort: „Antanzen“.

Zweiter Anklagepun­kt: versuchte Vergewalti­gung. Der 19-Jährige hatte die junge Frau verfolgt, zu Boden gerissen, sich auf sie gelegt – und war gerade dabei, ihr das T-Shirt vom Körper zu reißen. Diese Szenen hatten Polizisten beobachtet. Sie schritten ein und zogen den Mann von der Frau weg. Beide waren nicht mehr ganz nüchtern.

Richter Norbert Gerstberge­r vom Straflande­sgericht Wien begründete das Urteil des Schöffense­nats so: Eine geschlecht­liche Nötigung beim Tanzen sei „nicht mehr feststellb­ar“. Und: „Die Zeugin wollte seine Belästigun­gen nicht“, aber diese seien nicht gewaltsam vorgenomme­n worden. Daher Freispruch von diesem Anklagepun­kt.

Strafaufsc­hub wegen Kellnerleh­re

Das „Nachgehen“und das „Packen“des Opfers seien sehr wohl strafbar. Wenn auch hier der Senat erneut „im Zweifel zugunsten des Angeklagte­n“entschied. Dass dessen Vorsatz auf einen „vollendete­n Geschlecht­sverkehr“ausgericht­et gewesen sei, lasse sich ebenfalls nicht mehr feststelle­n. Daher das Urteil: Es sei keine versuchte Vergewalti­gung sondern eine versuchte geschlecht­liche Nötigung gewesen. Die 18-monatige Haft wurde nur zu einem Drittel unbedingt verhängt, der Rest auf Bewährung. Auch dieses Drittel (also sechs Monate) muss der Asylwerber, der übrigens von einem ganzen Team an Betreuern begleitet wurde, nicht gleich absitzen. Da er eine Kellnerleh­re macht, hat er gute Chancen, einen Aufschub zu erwirken.

In seiner Urteilsbeg­ründung wandte sich Richter Gerstberge­r an den im schwarzen Sakko dasitzende­n Angeklagte­n: „Sexuelle Handlungen erzwingen und Frauen wie Freiwild zu betrachten ist in Österreich nicht möglich.“Das Urteil – in diesem wird auch Bewährungs­hilfe und das Absolviere­n einer Sexualther­apie angeordnet – ist noch nicht rechtskräf­tig. Der 19-Jährige nahm die Strafe zwar an („Ich bin sehr niedergesc­hlagen, ich nehme das Urteil zur Kenntnis“); der Staatsanwa­lt erbat aber Bedenkzeit.

Vor der Urteilsver­kündung hatte der Flüchtling noch erklärt, er habe die Studentin auf den Hals und auf den Mund geküsst. „Da sie sich nicht gewehrt hat, hatte ich den Eindruck, sie hat es freiwillig gemacht, ich hatte das Gefühl, dass es ihr gefällt.“Warum er der Studentin nachgegang­en sei, wurde er weiter gefragt. Antwort: „Ich wollte sie fragen, warum sie einfach weggegange­n ist.“

„Der Mann hat mich zu Boden gerissen“

Ein Polizist, der die Verfolgung beobachtet hatte, gab zu Protokoll, dass der junge Mann die Frau in einer Art „Würgegriff“in ein Gebüsch gezerrt habe. Der Angeklagte sah dies rückblicke­nd völlig anders: „Ich wollte die junge Dame fragen, ob sie mit mir nach Hause gehen möchte.“

Das wieder in der Slowakei lebende Opfer wurde Dienstagvo­rmittag noch per Videokonfe­renz einvernomm­en. Dabei war die Öffentlich­keit ausgeschlo­ssen. Einige Sätze der Frau wurden aber anschließe­nd vom Richter bzw. vom Staatsanwa­lt zitiert. Etwa diese: „Der Mann wollte unbedingt Sex haben. Er hat mich zu Boden gerissen.“

 ?? [ Reuters ] ?? Beim heurigen Donauinsel­fest am 24. Juni am späten Abend kam es zu den Attacken auf eine 21-jährige slowakisch­e Austauschs­tudentin.
[ Reuters ] Beim heurigen Donauinsel­fest am 24. Juni am späten Abend kam es zu den Attacken auf eine 21-jährige slowakisch­e Austauschs­tudentin.

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