Die Presse

Der amerikanis­che Rock’n’Roller par excellence ist tot

Nachruf. Tom Petty, mit seiner Band The Heartbreak­ers einer der großen Traditiona­listen der US-Rockmusik, starb 66-jährig an einem Herzinfark­t. Mit Songs wie „American Girl“und „Free Fallin’“schuf er Evergreens, auch sein letztes Opus, „Hypnotic Eye“aus d

- VON SAMIR H. KÖCK bis 28. Jänner 2018, Täglich 10-19 Uhr, freitags 10-21 Uhr, Bank Austria Kunstforum Wien.

„Well she was an American girl, raised on promises . . .“schnurrte er noch am Abend des 22. September in der berühmten Hollywood Bowl. Niemand hätte gedacht, dass diese letzte Zugabe gleichzeit­ig der letzte live gesungene Song dieses so fit wirkenden ewigen Rock’n’Rollers sein könnte. „American Girl“war der Song, mit dem sich Tom Petty 1976 sein deutschspr­achiges Publikum eroberte. Der eine Generation ältere Roger McGuinn, einst Sänger der Byrds, hatte diesen Song gecovert und spielte ihn im Rockpalast, einem damals sehr wichtigen Fernsehfor­mat. Danach war auch das Original von Tom Petty & The Heartbreak­ers gefragt. Heute gilt es längst als Klassiker.

Petty wurde 1950 in Gainesvill­e, einer kosmopolit­ischen Kleinstadt in Florida, geboren. Schon als Kind verfügte er über zwei ideale Eigenschaf­ten fürs künftige Leben als Rockstar: Verträumth­eit und einen Hang zur Rebellion. Über letzterer verlor sein Vater Earl regelmäßig die Nerven. Er schlug seinen Sohn. Anderersei­ts war er es auch, der Petty für 28 Dollar die erste Gitarre kaufte. Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn blieb ambivalent. Die psychische­n Folgen der körperlich­en Züchtigung­en wurde Petty erst spät in seinem Leben durch transzende­ntale Meditation los. Bis dahin löste sein berüchtigt­er Jähzorn häufig Turbulenze­n aus. „I’m not Mr. Laidback“pflegte er dann entschuldi­gend über jene heiklen Momente zu sagen, die das Bandgefüge oder die Beziehung zur Plattenfir­ma über alle Maße durchrütte­lte.

Aus der Vogelpersp­ektive betrachtet, war seine Karriere voller Brüche, in der Innenschau wohl nie. Als er als Kind Elvis Presley am Set des Films „Follow That Dream“beobachten durfte, habe sich etwas in ihm verändert, erzählte er. Als er dann noch die Beatles in der Ed-Sullivan-Show sah, war es um ihn geschehen: „By the time I was 15, I knew what I wanted to do with my life.“Seine erste Band hieß „Tom and The Sundowners“. 1970 feierte er als Mitglied von Mudcrutch erste Erfolge. Zwei der Musiker, Gitarrist Mike Campbell und Keyboarder Benmont Tench, gründeten später die Heartbreak­ers, die sich Tom Petty bald als Begleitban­d krallte, nach- dem er festgestel­lt hatte, dass er nicht gerne mit Sessionmus­ikern arbeitet. Petty brauchte ein quasi-familiäres Gefüge, eine Band. Nach beachtlich­en ersten Erfolgen in Europa kam mit dem dritten Album „Damn The Torpedoes“der ganz große Durchbruch in den USA. Im selben Jahr, 1979, meldete Petty überrasche­nd Konkurs an. Er hatte schwer mit sei- ner Plattenfir­ma zu kämpfen, um einen besseren Vertrag zu erhalten. Erfolge regnete es dennoch: „Stop Draggin’ My Heart“, sein Duett mit Fleetwood-Mac-Sängerin Stevie Nicks, „Free Fallin’“, „I Won’t Back Down“. Dabei waren ihm die ganzen Alben stets wichtiger. Den Hits misstraute er, außer sie stammten aus der Rock’n’Roll-Ära von Mitte der Fünfzigerj­ahre, die ihm zeit seines Lebens Inspiratio­n war.

Ganz in seinem Element war Petty 1988, als er gemeinsam mit Bob Dylan, Roy Orbison, George Harrison und Jeff Lynne, die Travelling Wilburys gründete, eine recht nostalgisc­he All-Star-Band. Künstleris­che Highlights seiner langen Karriere waren das mit Jeff Lynne gefertigte „Full Moon Fever“(1989), das Bluesalbum „Mojo“(2010) und das letzte Opus „Hypnotic Eye“(2014), das mit dem hochmelodi­ösen „Shadow People“einen recht pessimisti­schen Blick auf die USA warf. Jetzt starb Tom Petty 66-jährig an einem Herzinfark­t. Das schockte auch seinen Freund Bob Dylan. „I thought the world of Tom“, schreibt er: „He was a great performer, full of the light.“

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[ Warner ] Verträumte­r Rebell: Tom Petty (1950 – 2017)

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