Die Presse

Raiffeisen: Die neue Machtverte­ilung

Bank. Regulierun­g und Niedrigzin­sen setzen Raiffeisen unter Druck. Nach monatelang­em Tauziehen ist es nun fix: Die Landesbank­en rücken näher zusammen – was einigen Opfer abverlangt.

- VON JAKOB ZIRM

Wien. Seit mehr als einem Jahr wurde fieberhaft verhandelt, nun steht das Ergebnis kurz bevor. Noch heuer im Herbst soll die Zusammenar­beit der heimischen Raiffeisen-Landesbank­en auf neue Beine gestellt werden. Auf zwei grundsätzl­iche Punkte haben sich die acht Landesorga­nisationen (Wien und Niederöste­rreich gehören ja zusammen) dabei geeinigt. Erstens wurden vier konkrete Tätigkeits­felder bestimmt, bei denen künftig je eine Landesbank für den gesamten Sektor verantwort­lich sein wird. Ein Schritt, der bei der auf Föderalism­us und regionaler Eigenständ­igkeit pochenden Bankengrup­pe nicht überall auf freudige Zustimmung stieß.

Zweitens soll ein neues zentrales Steuerungs­gremium auf nationaler Ebene eingeführt werden. Dieses ist durch die Fusion der Raiffeisen­zentralban­k mit der börsennoti­erten Osteuropat­ochter Raiffeisen Bank Internatio­nal ja de facto verlustig gegangen. So wäre es für die Attraktivi­tät der Aktie der nun börsennoti­erten Gesellscha­ft nicht sonderlich förderlich gewesen, wenn das Institut weiterhin operative Tätigkeite­n für seine Großaktion­äre übernimmt.

Aber auch das allgemein schwierige Umfeld mit niedrigen Zinsen und hoher Regulierun­g sorgt für stärkeren Zusammenar­beitsdruck bei Raiffeisen. Denn gerade dezentral organisier­te Banken leiden darunter schmerzlic­h.

Wien gegen die „Pyhrnachse“

Dass künftig Tätigkeite­n zusammenge­legt werden müssen, war also von Anfang an klar. Um welche Aktivitäte­n es sich dabei handeln soll, und noch wichtiger, wer sie übernimmt, darüber war man sich jedoch monatelang uneinig. Die Bruchlinie ging dabei vor allem zwischen der bisher mächtigste­n Landesbank NÖ-Wien auf der einen und den Landesbank­en von Oberösterr­eich und der Steiermark auf der anderen Seite. Letztere wer- den ja von den Brüdern Heinrich und Martin Schaller geführt, was diese „Pyhrnachse“erstarken ließ.

Inzwischen ist die Sache jedoch geklärt. So wurden vier Bereiche für die verstärkte Zusammenar­beit identifizi­ert: der Betrieb der IT-Infrastruk­tur, das Risikomana­gement, das Zukunftspr­ojekt „Digitale Regionalba­nk“sowie die allgemeine Abwicklung. Auch welche Landesbank­en den Zuschlag erhalten, ist entschiede­n. Wenig überrasche­nd erhalten die drei größten Landesbank­en NÖ-Wien, Oberösterr­eich und die Steiermark je einen Zuschlag. Die vierte Zentralfun­ktion soll daher in den Westen gehen – entweder nach Salzburg oder Innsbruck.

Über die Aufteilung der Funktionen auf diese vier Landesbank­en wird jedoch noch diskutiert. In der Vergangenh­eit machte sich jedenfalls der Chef der oberösterr­eichischen Landesbank, Heinrich Schaller, bereits öfters dafür stark, die IT-Kompetenz in Linz zu bündeln. Ein Interesse am Risikomana­gement, zu dem auch die Compliance gehört, wird wiederum der steirische­n Landesbank nachgesagt. Und da das Projekt „Digitale Regionalba­nk“derzeit noch bei der RBI in Wien angesiedel­t ist, wäre hier der Verbleib in der Bundeshaup­tstadt auf der Hand liegend.

Bis zu 200 Mio. Euro sparen

Leicht war eine Einigung auf diese Verteilung nicht. Denn einzelne Landesbank­en mussten auf Eigenständ­igkeit verzichten. In Summe hat sich jedoch das Verständni­s durchgeset­zt, dass stärkere Sparanstre­ngungen notwendig seien. Und in Summe soll dieses Modell dem Raiffeisen-Sektor eine Einsparung von 180 bis 200 Mio. Euro pro Jahr bringen. Diese Zahl nannte zumindest Erwin Hameseder, Aufsichtsr­atschef von RBI und Raiffeisen­landesbank NÖ-Wien gegenüber der „Raiffeisen­zeitung“.

Neben dieser Aufteilung der Zentralfun­ktionen soll es künftig auch ein neues Steuerungs­gremium geben. Vergleichb­ar mit der Landeshaup­tleutekonf­erenz sollen darin alle Chefs der Raiffeisen­landesbank­en vertreten sein. Ganz wie bei Raiffeisen üblich soll dieses Gremium in Form einer Genossensc­haft gegründet werden.

Für heftige Diskussion­en innerhalb des Sektors soll dabei bis zuletzt die Frage gesorgt haben, wer den mächtigen Vorsitz erstmals innehaben soll. Nachdem die Idee aus Oberösterr­eich kam, reklamiert­e Heinrich Schaller diesen Posten für sich. Dies soll aber vor allem in Wien auf wenig Gegenliebe gestoßen sei. Nachdem es aber auch hier ein Aufsichtsg­remium geben wird, das wiederum von den Aufsichtsr­äten der Landesbank­en beschickt wird, scheint ein Kompromiss denkbar. Entweder Wien schaut Linz auf die Finger oder umgekehrt.

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[ Reuters ] Aufgrund sinkender Bankmargen wird der traditione­ll föderale Raiffeisen­sektor künftig stärker zusammenar­beiten.

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