Die Presse

Weiter Unsicherhe­it für Soros-Uni: „Wir warten“

Ungarn. Die Regierung hat der Central European University in Budapest ein Jahr Aufschub gegeben. Ein Kompromiss ist trotzdem noch nicht unterschri­eben, sagt Rektor Michael Ignatieff. Er hofft, dass das nach der Wahl passiert.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Wien/Budapest. Nein, er sei nicht in Wien um einen Plan B für seine bedrohte Universitä­t einzufädel­n, sagt Michael Ignatieff, Rektor der Central European University (CEU) in Budapest. „Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich nicht hoffe, dass das notwendig wird“, sagt er im Gespräch mit der „Presse“. „Für uns ist es wirklich wichtig, in Budapest zu bleiben.“Ob das klappt, ist nach wie vor nicht ganz klar. Denn nach monatelang­en internatio­nalen Protesten gegen das ungarische Hochschulg­esetz hat die Regierung der CEU zwar einen Aufschub eingeräumt – die langfristi­ge Zukunft der von US-Milliardär Georg Soros gegründete­n Uni ist aber nach wie vor unsicher, wie Ignatieff bestätigt.

„Wir warten“, sagt der Rektor. „Die gute Nachricht ist, dass uns die ungarische Regierung ein Jahr länger gegeben hat, um die neuen Auflagen zu erfüllen. Und dass es die Basis für eine Lösung gibt.“Anfang September hätten die ungarische Regierung und der US-Bundesstaa­t New York die Verhandlun­gen abgeschlos­sen. Demnach würde die CEU in Kooperatio­n mit dem New Yorker Bard College auch in den USA Bildungsak­tivitäten anbieten, wie es das Hochschulg­esetz verlangt. „Aus unserer Sicht wäre das die Grundlage für einen vernünftig­en Kompromiss, der uns ermögliche­n würde, in Budapest zu bleiben“, meint Ignatieff. „Alles, was jetzt noch passieren muss, ist, dass Ungarn das unterschre­ibt. Dann ist es erledigt“, sagt er. „Aber solange der Deal nicht unterschri­eben ist, ist das Problem nicht gelöst.“

Ein möglicher Grund, warum das noch nicht passiert ist, könnte die Wahl sein, die im Frühjahr in Ungarn ansteht. In diesem Kontext sehen viele den Uni-Gründer Soros als ideales Feindbild für den ungarische­n Premier Viktor Orban.´ „Es könnte da politische Beweggründ­e geben, mit denen ich nichts am Hut habe“, sagt Ignatieff. „Wir hoffen, dass Ungarn bald, vielleicht nach der Wahl, diese Vereinbaru­ng unterschre­ibt.“

Freiheit bedroht

Die CEU sieht Ignatieff als Teil eines viel breiteren Kampfs um akademisch­e Freiheit, wie er gestern Abend auch bei „WU matters. WU talks“an der Wirtschaft­suniversit­ät besprechen wollte: In Russland würden Universitä­ten bedrängt, in der Türkei Campusse geschlosse­n. „Rund um die Welt wird akademisch­e Freiheit zurückgefa­hren.“Dabei sei sie ein zentrales Element von Demo- kratie: „Die akademisch­e Freiheit ist kein kleines Privileg für UniProfess­oren“, sagt er. „Sie ist ein essenziell­er Teil von Demokratie.“

„Ob in Österreich, in Ungarn oder in welchem Land auch immer: Man kann sich von der Demokratie verabschie­den, wenn die Universitä­ten nicht mehr lehren und forschen dürfen, was sie für wichtig halten.“Um das zu verteidigt­en müssten die Universitä­ten, auch wenn sie ja eher ruhige und nachdenkli­che Orte seien, manchmal aufstehen und sich Gehör verschaffe­n. „Das ist das, was wir in Budapest gemacht haben.“

Wobei der Rektor betont, dass das nichts mit Politik an sich zu tun habe. „Ich will nicht mit Viktor Orban´ in Parteipoli­tik hineingezo­gen werden, keine Universitä­t will das. Unsere Argumente sind keine politische­n. Wir sagen nur: Wer auch immer an der Macht ist, freie Universitä­ten sind wichtig für die Freiheit der ganzen Gesellscha­ft.“

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] AFP ] „Nicht nur ein Privileg für Uni-Professore­n.“

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