Wie wichtig ist richtiges Händewaschen?
Wer sich die Hände öfter wäscht, schützt sich und andere vor Ansteckung. Macht man es ordentlich, verschwinden 99 Prozent der Keime.
Es ist ein Akt der Höflichkeit, meint man, wenn sich jemand beim Niesen die Hand vorhält. Als Nächstes tippt er auf den Lichtschalter, greift zur Türschnalle und geht aus der Wohnung. Um dann am Fahrkartenautomaten zu hantieren und anschließend in der Straßenbahn einen Haltegriff zu benutzen. Schon gehen mit ihm auf allen möglichen Gegenständen auch die Viren auf die Reise. „Grippeviren überleben auf glatten Oberflächen etwa 48 Stunden“, erklärt Florian Thalhammer von der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin der Med-Uni Wien. Gelangen sie über die Hände in die Schleimhäute, droht eine Ansteckung.
Thalhammer schätzt, dass bis zu 80 Prozent aller Infektionskrankheiten über die Hände übertragen werden. Die Erkältungen auslösenden Rhinoviren etwa lassen sich zu 65 Prozent auf den Händen nachweisen, zu 50 Prozent im Nasensekret und zu 39 Prozent im Speichel. Eine einfache Hygienemaßnahme schützt: „Bei Erkältungskrankheiten wie Schnupfen oder Grippe verringert Händewaschen die Gefahr massiv, da die Keimzahl um mehr als 99 Prozent reduziert werden kann“, so Thalhammer. Man müsse es nur tun – und zwar richtig.
Zumindest 20 bis 30 Sekunden
Was heißt das nun? Um Keime zu minimieren reicht es nicht, die Hände kurz abzuspülen. Gründliches Händewaschen sollte 20 bis 30 Sekunden dauern. Dazu macht man die ganzen Hände, nicht nur die Finger, nass und benützt am besten Flüssigseife. Die lasse sich nämlich mit dem Ellenbogen kontaktlos herausdrücken, so Thalhammer. Sie ist damit hygienischer als eine Stückseife. Dann seift man die Hände nicht nur innen, sondern auch am Handrücken ein. Auch Daumen, Fingerzwischenräume sowie Fingerspitzen und Fingernägel werden eingerieben.
Antibakteriell wirkende Seifen würden Keime nicht besser entfernen als normale Seifen, meint Thalhammer. Er rät zu pH-neutralen Seifen, die den Säureschutzmantel der Haut als natürliche Barriere gegen Krankheitserreger bewahren. Nach dem Abspülen ein eigenes oder Wegwerfhandtuch benutzen – jedenfalls eines, das man mit niemandem teilt. Gründliches Abtrocknen ist sinnvoll, weil die Keime im feuchten Milieu besser überleben.
Im Haushalt verwendete Desinfektionsmittel können die Anzahl der Keime zwar reduzieren, ersetzen aber das Händewaschen nicht. Sie seien vor allem sinnvoll, wenn in der Familie jemand an einer hoch ansteckenden Infektion oder einer mit Immunschwäche einhergehenden Krankheit leidet, etwa nach einer Krebstherapie, so Thalhammer. Im Krankenhaus oder beim Arzt solle man bereit gestellte Desinfektionsspender aber schon verwenden. Sich die Hände öfter zu waschen ist jedenfalls sinnvoll – um sich selbst zu schützen und andere weniger leicht anzustecken. Muss man niesen, übrigens am besten in den Ellenbogen: Dann verteilt man die Keime nicht so leicht wie mit der Hand.
In seiner Forschung entwickelt Thalhammer u. a. ein Antibiotikum mit langer Halbwertszeit. Damit könnten künftig Patienten behandelt werden, die – etwa nach einer Herzklappenentzündung – für sechs bis acht Wochen eine hohe Dosis brauchen. Derzeit müssen sie dazu im Krankenhaus bleiben. Bewährt sich das Mittel in klinischen Tests, können sie auch ambulant behandelt werden.