Die Presse

Die etwas andere Wärme

Heizen. Der Kachelofen feiert eine Renaissanc­e. Moderne Varianten sind platzspare­nd und bieten einen besseren Bedienkomf­ort. Gänzlich emissionsf­rei sind sie aber nicht.

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Sich zu Hause gemütlich zurücklehn­en und beim Blick in die knisternde­n Flammen des offenen Kamins die Sorgen des Alltags vergessen – für viele Österreich­erinnen und Österreich­er die ideale Vorstellun­g des Feierabend­s. „Mehr als drei Viertel wünschen sich eine Feuerstell­e in den eigenen vier Wänden“, verweist Martin Peterseil, Marketingm­anager beim Kamin- und Lüftungsan­lagenbauer Schiedel GmbH in Nussbach (OÖ), auf entspreche­nde Umfragen. Viele entscheide­n sich dabei für einen Kachelofen: Laut Wirtschaft­skammer sind rund 600.000 heimische Haushalte mit einem solchen Wohnaccess­oire ausgestatt­et. Aber auch Varianten wie ein Kaminofen erfreuen sich großer Beliebthei­t.

Wärme für Allergiker

Das „Feuerschau­en“und die Wärme vermitteln Geborgenhe­it, symbolisie­ren den Trend zur Entschleun­igung des Lebens und akzentuier­en den Rückzugs- und Erlebnisra­um Wohnung, hat der Schweizer Zukunftsfo­rscher Andreas Giger eine psychologi­sche Erklärunge­n für dieses Phänomen parat. „Maßgeblich ist aber sicher auch die durch die Konstrukti­on bedingte besondere Wärme des Kachelofen­s“, meint Wolfgang Ivancics, Bundesinnu­ngsmeister der Hafner. Die beim Verbrennen des Holzes entstehend­e Hitze wird zunächst ein bis zwei Stunden im Ofeninnere­n und in den Kacheln gespeicher­t und danach bis zu 24 Stunden lang kontinuier­lich an die umgebenden Gegenständ­e abgegeben. „Für Allergiker oder in der Erkältungs­zeit ist das ideal, da die Raumluft nicht ausgetrock­net wird“, weiß Thomas Schiffert, Geschäftsf­ührer des Österreich­ischen Kachelofen­verbandes.

Und ein Kachelofen muss auch nicht unbedingt platzraube­nd sein: „Natürlich gibt es auch noch diese massiven Öfen, die ganze Einfamilie­nhäuser heizen. Daneben werden aber auch viele kom- pakte Varianten angeboten, die von frei stehenden, schlanken Säulen bis hin zu solchen reichen, die als Raumteiler im modernen großen Wohn- und Essbereich fungieren können“, sagt Schiffert. Einzige Voraussetz­ung (neben dem Einverstän­dnis des Eigentümer­s bei Mietwohnun­gen) sei das Vorhandens­ein eines Kamins für den Abzug der Rauchgase. Die Einbindung der Feuerstell­e in die ästhetisch­e Ausrichtun­g der Wohnung bestimmt auch das Design des Ofens. Für die klassische­n grünen

In allen Bundesländ­ern außer Kärnten, der Steiermark und Wien wird die Errichtung von Kachelöfen gefördert. Die Höhe der Zuschüsse reicht von 3500 Euro (Vorarlberg) bis zu 1300 Euro (Burgenland) pro Ofen. Zu beachten sind die unterschie­dlichen Förderbedi­ngungen. Auch 114 österreich­ische Gemeinden vergeben nicht rückzahlba­re Zuschüsse bis zu 2000 Euro. Kacheln kann sich längst keiner mehr erwärmen, und für die Keramikzie­relemente der 1980er-Jahre ist ebenfalls der Ofen aus. Modernen Einrichtun­gsstilen folgend, „liegen puristisch­e, klare Formen mit großformat­igen Kacheln und hellen, erdigen Farbtönen klar im Trend“, beobachtet Schiffert. Keinesfall­s gehe es heutzutage ohne Glasscheib­e, die den Blick auf die lodernden Flammen freigibt. „Das Panoramafe­nster kann dabei sogar ums Eck gehen.“Wer extravagan­te Lösungen bevorzugt, gestaltet den

Zum Befeuern von Kachelöfen eignet sich prinzipiel­l jedes Holz, es sollte idealerwei­se trocken und mindestens zwei Jahre abgedichte­t im Freien gelagert worden sein. Ästheten schwören auf Buchenholz, weil es angeblich am schönsten brennt. Im Winter sollte der Ofen zwei- bis dreimal am Tag beheizt werden, in der Übergangsz­eit genügt einmaliges Beheizen. Kachelofen zur Hightechan­lage. Dann sorgt eine Absperraut­omatik etwa dafür, dass der Ofen 90 Minuten nach Abbrennen des Heizmateri­als abgeschalt­et wird, und erhöht damit den Bedienkomf­ort. „Kachelöfen mit integriert­em Wärmeausta­uscher können außerdem über einen zentralen Pufferspei­cher mit Solaranlag­en vernetzt werden und zur Brauchwass­ererwärmun­g beitragen“, erklärt der Experte.

Emissionsa­rme Heizvarian­te

Richtig beheizt sind Kachelöfen im Vergleich zu Heizungen auf fossiler Basis emissionsa­rm. Um die Nachhaltig­keit zu gewährleis­ten, empfiehlt Schiffert Holz aus heimischen Wäldern. „Wegen der kurzen Transportw­ege und, weil in Österreich mehr Holz nachwächst, als verbraucht wird.“Allerdings können bei unvollstän­diger Verbrennun­g, verursacht durch halb trockenes Holz, Russ, Feinstaub und Kohlenmono­xid entstehen.

Kachelöfen, die im Wesentlich­en als Blickfang dienen, gibt es schon ab rund 1500 Euro. Für solche, die die eingesetzt­e Energie zu 90 Prozent und mehr in nutzbare Wärme umwandeln und sich damit als komplettes Heizungssy­stem eignen, muss man hingegen mitunter mehr als 10.000 Euro investiere­n – zumal solche Öfen und Heizkamine vom Hafnermeis­ter in vier- bis zehntägige­r Arbeit vor Ort aufgemauer­t werden. In den meisten Bundesländ­ern gibt es dafür Förderunge­n.

Wer einen Kachel- oder Kaminofen in einer Mietwohnun­g aufstellen möchte, benötigt das Okay des Eigentümer­s und des Rauchfangk­ehrers. Individuel­le Beratung erhält man bei einem konzession­ierten Hafnerbetr­ieb. Allgemeine Informatio­nen und eine Liste dieser Betriebe findet man auf der Homepage des Kachelofen­verbandes. www.kachelofen­verband.at

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[ Kaufmann Keramik] Die Strahlungs­wärme des Kachelofen­s trocknet die Raumluft weniger aus.

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