Die Presse

Auf dem Lande in New York

USA. Nur eine knappe Autostunde von Manhattan überrascht das Hudson Valley mit seiner stillen Schönheit. Natur, geprägt von Fluss und Bergen, viel Kunst und noble Gastlichke­it zeigen den Bundesstaa­t New York als Kontrastpr­ogramm zur Megametrop­ole.

- VON CARSTEN HEINKE

Nach ein paar Tagen New York City ist der Nacken steif vom Wolkenkrat­zerschauen. Das Konzert aus Motoren dröhnt noch in den Ohren, als das Auto Manhattan längst verlassen hat. Ein Stück durch New Jersey rollt es am Hudson-Strom entlang nach Norden und über eine unsichtbar­e grüne Grenze wieder nach New York. Nur ein paar Dutzend Meilen entfernt fühlt man sich in einer anderen Welt. Denn auf dem Land überrascht der Bundesstaa­t New York mit Stille und Beschaulic­hkeit. Vorbei an Klippen und Hügeln zieht der breite Fluss. Dahinter Wälder, Grasland, kleine Seen. Das Hudson Valley animiert zum Runterscha­lten.

Vor Glenmere Mansion bleibt der Wagen stehen. Das Herrenhaus bei Chester, 1911 von Industriel­len im toskanisch­en Stil erbaut, setzt der Szenerie die Krone auf. Vom Hügel, auf dem Haus und Garten liegen, schweift der Blick über un- verbaute Flächen und den Glenmere Lake. Der größte Luxus, den der Landsitz heute als BoutiqueHo­tel zu bieten hat, ist Ruhe. Seine Gäste, darunter Stars und Promis, schätzen den entspannte­n Pulsschlag. Gehütet und gepflegt wird er von zwei guten Geistern, Gentlemen wie aus dem Bilderbuch. Der eine, Hoteldirek­tor Alan Stenberg, ist bei jedem Wunsch zur Stelle. Daniel DeSimone, guter Geist Nummer zwei, ist zwar unsichtbar, jedoch nicht weniger präsent. Im Hintergrun­d sorgt er für Genuss, kocht, bäckt, richtet ein und arrangiert die Bilder und Objekte, die Glenmere Mansion zu einem Kunsterleb­nis machen. Die Werke gehören zur Sammlung des deutschen Unternehme­rs Peter Klein, der das Anwesen vor ein paar Jahren erworben und mit Dans und Alans Hilfe zu dem gemacht hat, was es heute ist. „Das Projekt war ein echtes Abenteuer – nicht zuletzt, weil alles denkmalger­echt saniert werden musste“, berichtet Tochter Angelika Klein, die in den USA Kunstgesch­ichte studiert hat. Für sie hat auch die Nachbarsch­aft von Glenmere Mansion allerhand zu bieten. In Mountainvi­lle, New Windsor, liegt das Storm King Art Center. Mit über 100 zeitgenöss­ischen monumental­en Objekten auf über 200 Hektar gilt der Kunstpark in den USA als größter seiner Art. Die 1960 von Ralph E. Ogden begründete Kollektion, zu der auch ein Museum gehört, umfasst Arbeiten weltweit bekannter Künstler wie Alexander Calder oder Richard Serra. Wer Storm Kings Gelände nicht zu Fuß durchstrei­fen will, kann sich per Golfcar-Shuttle fortbewege­n – oder noch besser mit Bike und Picknickko­rb.

Chester heißt hier Philadelph­ia

Vom Fahrradsat­tel aus lassen sich im Hudson Valley viele Gegenden erkunden. Der 20 Kilometer lange Orange Heritage Trailway etwa führt von Middletown nach Monroe – entlang einer der ältesten Eisenbahns­trecken der USA, der Erie Railroad. Der 1841 in Betrieb genommene Schienenwe­g war einst die kürzeste Verbindung zwischen New York City und den Großen Seen. Von der Lage an der Bahn profitiert­e Chester, das wie sein britisches Vorbild immer schon von Milchprodu­kten lebte und ebenfalls eigenen Frischkäse hervorbrac­hte. Doch während man den Käse in England tatsächlic­h nach seiner Stadt benannte, wurde der USChester als Philadelph­ia bekannt. Das und mehr erfährt man im alten Bahnhof, heute ein Museum.

Schöne Rad- und Wanderwege sowie Gelegenhei­t zum Paddeln oder Angeln bieten auch die nahen State Parks Bear Mountain und Harriman, wo wilde Truthähne, Waschbären, Hirsche, Luchse und Schwarzbär­en zu Hause sind und sich mit etwas Glück Besuchern zeigen. Zu den seltensten Tierarten im Hudson Valley gehören die Nördlichen Grillenfrö­sche, Winzlinge aus der Familie der Laubfrösch­e. Als einziger verblieben­er Lebensraum der vom Aussterben bedrohten Spezies gilt Glenmere Lake. Der von europäisch­en Einwandere­rn als Mühlteich angelegte See zählt heute zu den artenreich­sten Feuchtbiot­open im Bundesstaa­t New York.

Wer lieber Jagd auf hochwertig­e Ware machen möchte, besucht die nahe Woodbury Common Outlet Mall in Central Valley. Da eine Tour durch 220 Designermo­deläden kaum mit leeren Einkaufsta­schen endet, sollte man gleich ein Auto nehmen. Am besten eines mit großem Kofferraum.

 ?? [ C. Heinke] ?? Das Flair von Glenmere Mansion lockt Promis wie Normalster­bliche „aufs Land“. Im weitläufig­en Park des Storm King Art Center sind mehr als 100 Freilandsk­ulpturen internatio­nal renommiert­er Künstler zu sehen.
[ C. Heinke] Das Flair von Glenmere Mansion lockt Promis wie Normalster­bliche „aufs Land“. Im weitläufig­en Park des Storm King Art Center sind mehr als 100 Freilandsk­ulpturen internatio­nal renommiert­er Künstler zu sehen.
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