Von der Flucht aus dem geschmähten Nationalstaat
Europas Sezessionisten. Der Separatismus in Katalonien droht nicht nur das Königreich Spanien zu zerreißen: In Brüssel und anderswo fürchtet man, er könnte eine Kettenreaktion auslösen, da vielerorts Unabhängigkeitsbewegungen neue Kraft schöpfen.
Europas Regierungen und EU-Behörden bemühen sich fast krampfhaft darum, die Katalonien-Krise als innerspanische Angelegenheit kleinzureden. Dabei ist der „Unabhängigkeitskampf“der Region längst zum akuten Europa-Problem geworden: Es könnte im Extremfall das Gefüge aus alten Nationalstaaten durch das Auftreten neuer zerreißen. Hinter den Kulissen fürchtet man, dass Kataloniens Unabhängigkeit einen kontinentalen Dominoeffekt lostritt.
Nicht zu Unrecht: Viele mehr oder weniger rebellische Länder blicken auf Katalonien. Von Großbritannien, Belgien, Rumänien bis nach Polen und Dänemark sehen sich ethnische Minderheiten und/oder lokal definierte Gruppen durch den Aufstand bestärkt. Auch in diesen Regionen herrscht das Gefühl, die Zentralregierungen würden sie unfair behandeln. Triebkraft für Separatisten sind oft ökonomische Gründe: Reiche Regionen sehen sich vom Zentralstaat zugunsten ärmerer Gebiete „angezapft“. In der Finanzkrise wuchs die Überzeugung, dass nur Unabhängigkeit eine prosperierende Zukunft und effektive Verwaltung ermögliche.
Oft heißt es, die Existenz einer kulturellen Identität und/oder Sprache sei vom übergeordneten Nationalstaat bedroht. Manche Initiativen sind proeuropäisch, träumen vom „Europa der Regionen“. Andere, wie die Lega Nord in Italien, sind euroskeptisch und erhoffen mehr Sicherheit und Wohlstand durch kleinere Verwaltungseinheiten. Hier ein Überblick über (zum Teil gelungene) Emanzipationsversuche.