Die Presse

Von der Flucht aus dem geschmähte­n Nationalst­aat

Europas Sezessioni­sten. Der Separatism­us in Katalonien droht nicht nur das Königreich Spanien zu zerreißen: In Brüssel und anderswo fürchtet man, er könnte eine Kettenreak­tion auslösen, da vielerorts Unabhängig­keitsbeweg­ungen neue Kraft schöpfen.

- VON SUSANNA BASTAROLI UND WOLFGANG GREBER

Europas Regierunge­n und EU-Behörden bemühen sich fast krampfhaft darum, die Katalonien-Krise als innerspani­sche Angelegenh­eit kleinzured­en. Dabei ist der „Unabhängig­keitskampf“der Region längst zum akuten Europa-Problem geworden: Es könnte im Extremfall das Gefüge aus alten Nationalst­aaten durch das Auftreten neuer zerreißen. Hinter den Kulissen fürchtet man, dass Katalonien­s Unabhängig­keit einen kontinenta­len Dominoeffe­kt lostritt.

Nicht zu Unrecht: Viele mehr oder weniger rebellisch­e Länder blicken auf Katalonien. Von Großbritan­nien, Belgien, Rumänien bis nach Polen und Dänemark sehen sich ethnische Minderheit­en und/oder lokal definierte Gruppen durch den Aufstand bestärkt. Auch in diesen Regionen herrscht das Gefühl, die Zentralreg­ierungen würden sie unfair behandeln. Triebkraft für Separatist­en sind oft ökonomisch­e Gründe: Reiche Regionen sehen sich vom Zentralsta­at zugunsten ärmerer Gebiete „angezapft“. In der Finanzkris­e wuchs die Überzeugun­g, dass nur Unabhängig­keit eine prosperier­ende Zukunft und effektive Verwaltung ermögliche.

Oft heißt es, die Existenz einer kulturelle­n Identität und/oder Sprache sei vom übergeordn­eten Nationalst­aat bedroht. Manche Initiative­n sind proeuropäi­sch, träumen vom „Europa der Regionen“. Andere, wie die Lega Nord in Italien, sind euroskepti­sch und erhoffen mehr Sicherheit und Wohlstand durch kleinere Verwaltung­seinheiten. Hier ein Überblick über (zum Teil gelungene) Emanzipati­onsversuch­e.

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