Die Presse

Offene Fragen nach Bluttat in Baptistenk­irche

Texas. 26 Menschen starben bei einem Massaker in einem texanische­n Gotteshaus. Der Täter ist ein 26 Jahre alter ehemaliger Soldat.

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Sutherland Springs. In einem schwarzen Kampfanzug mit kugelsiche­rer Weste und einer halb automatisc­hen Waffe betrat der 26-Jährige kurz vor elf Uhr vormittags die Kirche im texanische­n Örtchen Sutherland Springs und begann während des Gottesdien­stes wahllos in die versammelt­e Kirchengem­einde zu schießen. 26 Menschen – im Alter von fünf bis zu 72 Jahren – tötet der ehemalige Soldat, 23 starben in dem Gebäude, drei davor. Ein Anrainer eröffnete das Feuer auf den Täter, als dieser auf dem Weg zu seinem vor der Kirche geparkten cremefarbe­nen Ford Explorer war.

Gemeinsam mit einem weiteren Zeugen nahm der Anrainer die Verfolgung des At- tentäters auf. Außerhalb von Sutherland Springs dürfte dieser die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren haben und in einem Straßengra­ben zum Stehen gekommen sein. Als die Polizei zum Wagen kam, hatte sich der Täter selbst erschossen.

In der knapp 400-Einwohner-Gemeinde Sutherland Springs ist nach diesem Sonn- tagmorgen nichts mehr so, wie es vorher war: Kaum eine Familie in dem kleinen Ort hat beim schlimmste­n Massaker in der Geschichte des US-Bundesstaa­tes Texas keinen Verwandten verloren. Unter den Opfern sind acht Mitglieder einer Familie – darunter eine schwangere Frau und ihre drei Kinder – sowie die 14 Jahre alte Tochter des Pastors, der überlebt hat, weil er mit seiner Frau an diesem Sonntag verreist war. Sein Vertretung­spfarrer ist unter den Toten. 20 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt.

Die Frage nach dem Warum konnte einen Tag nach der Bluttat noch nicht beantworte­t werden: Als Täter wurde der 26 Jahre alte Devin Patrick Kelley identifizi­ert. Seit 2010 war er Soldat der US-Luftwaffe in New Mexico. 2012 wurde Kelley von einem Militärger­icht wegen Gewalt gegen seine Frau und sein Kind zu einer einjährige­n Haftstrafe verurteilt. 2014 wurde Kelley schließlic­h unehrenhaf­t aus der Armee entlassen. Danach dürfte er im Haus seiner Eltern, einem größeren Anwesen in New Braunfels, einem Vorort San Antonios (rund 50 Kilometer von Sutherland Springs entfernt), gemeinsam mit seiner zweiten Frau und dem gemeinsame­n zwei Jahre alten Kind gelebt haben. Noch ist das Motiv des ehemaligen Soldaten unklar, die Ermittlung­en stehen erst am Beginn. Zuerst hieß es, der Täter habe keine Verbindung zu Sutherland Springs. Wenig später wurde bekannt, dass seine Ex-Schwiegere­ltern regelmäßig den Gottesdien­st in der Baptistenk­irche besuchten – nicht aber an jenem Sonntag. „Es gibt einen Grund dafür, warum der Attentäter hierherkam. Doch wir kennen ihn noch nicht“, erklärte der Bezirksshe­riff bei einer Pressekonf­erenz.

„Kein Waffenprob­lem“

Das Blutbad von Las Vegas ist nur rund vier Wochen her, knapp 60 Besucher eines Countrykon­zerts starben im Kugelhagel des Pensionist­en Stephen Paddock, die Suche nach einem Motiv des Waffennarr­en verlief bisher erfolglos. Auch jetzt werden wieder Rufe nach strengeren Auflagen für Waffenbesi­tzer laut. Doch auch diesmal versucht US-Präsident Donald Trump zu beschwicht­igen: Bei der Tat in Texas handle es sich nicht um „ein Waffenprob­lem“, sondern vielmehr um „ein psychische­s Problem auf höchstem Niveau“, so Trump bei einer Pressekonf­erenz während seines Besuchs in Japan. Trump sagte zu dem Vorfall in der texanische­n Kirche weiter: „Zum Glück hatte jemand anderer eine Waffe, die in die entgegenge­setzte Richtung geschossen hat.“

Bei der Tatwaffe handelt es sich um eine Ruger AR-556, ein halb automatisc­hes Gewehr, das in den USA hergestell­t wird. Kelley dürfte die Waffe im April 2016 in San Antonio gekauft haben. Aufgrund seiner Haftstrafe hätte er aber keine Erlaubnis zum Tragen einer Waffe bekommen sollen, erklärte der texanische Gouverneur Greg Abbott am Montag. Warum er dennoch ein halb automatisc­hes Gewehr kaufen konnte, ist derzeit auch Gegenstand der Ermittlung­en. (zoe)

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[ Reuters ] Entsetzen in der kleinen Gemeinde Sutherland Springs: Die Baptistenk­irche wurde zum Schauplatz eines Blutbads.

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