Wirtschaftsklima auf 17-Jahres-Hoch
Konjunktur. Die Stimmung in der Eurozone ist so gut wie seit 2000 nicht mehr. Für die Zukunft erwarten die Experten aber ein gedämpfteres Wachstum.
Berlin/Nürnberg/Brüssel. Das Wirtschaftsklima in der Eurozone ist so gut wie seit 17 Jahren nicht mehr. Das Barometer stieg im vierten Quartal um 1,8 auf 37,0 Punkte, wie das IfoInstitut am Montag zu seiner Expertenumfrage mitteilte. „Das war der beste Wert seit Herbst 2000“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Experten schätzten die Lage deutlich besser ein, die Aussichten jedoch etwas schlechter. „Demnach wird sich der Aufschwung im Euroraum in den kommenden Monaten fortsetzen“, sagte Fuest. „Allerdings dürfte sich das Tempo des aktuellen Aufschwungs etwas abschwächen.“
Mit dem sich aufhellenden Konjunkturbild vertrauten die Experten wieder verstärkt der Politik ihrer jeweiligen Regierung, betonte das Ifo-Institut. „Sie bezeichneten politische Instabilität und Korruption deutlicher seltener als wirtschaftliches Problem“, sagte Fuest. Das gelte allerdings nicht für Spanien, wo nun fast alle Experten die politische Lage wegen der Katalonien-Krise für problematisch halten würden. Als Mängel in der Eurozone werden fehlende Innovationen, ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften sowie eine stärkere Einkommensungleichheit beklagt.
Mehr Aufträge für deutsche Industrie
Indes haben sich Auftragsbücher der deutschen Industrie im September wegen der starken Nachfrage aus der Eurozone überraschend stark gefüllt. Bei den Unternehmen gingen 1,0 Prozent mehr Bestellungen ein als im Vormonat, wie das deutsche Wirtschaftsministerium am Montag mitteilte.
Von Reuters befragte Ökonomen hingegen hatten mit einem Rückgang von 1,5 Prozent gerechnet, nach einem kräftigen Wachstum von 4,1 Prozent im August. „Die Bestelltätigkeit hat sich auf hohem Niveau weiter erhöht“, erklärte das Ministerium. Die Nachfrage aus dem Inland schrumpfte diesmal um 0,1 Prozent, während jene aus dem Ausland um 1,7 Prozent zunahm. Dabei stiegen die Neuaufträge aus den Euroländern um 6,3 Prozent, während jene aus dem Rest der Welt um 1,0 Prozent abnahmen. Gefragt waren vor allem Investitionsgüter wie Maschinen und Fahrzeuge: Hier wuchsen die Aufträge um 4,9 Prozent. Bei Vorleistungen wie Chemikalien gab es einen Rückgang um 4,0 Prozent. Bei Konsumgütern fielen die Bestellungen um 2,8 Prozent schwächer aus.
Die gute Konjunktur belebt auch den Arbeitsmarkt: Fast 1,1 Millionen offene Stellen gab es nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im dritten Quartal in Deutschland. Das waren 174.400 Stellen mehr als im entsprechenden Vorjahresquartal, wie aus einer Betriebsbefragung des Instituts hervorgeht. In Westdeutschland waren 842.200 offene Stellen zu vergeben, in Ostdeutschland 255.400. Zwei Drittel der Stellen gab es bei kleinen Unternehmen mit maximal 49 Beschäftigten.
„Besonders stark gestiegen ist die Personalnachfrage gegenüber dem Vorjahr im verarbeitenden Gewerbe und im Bereich Verkehr und Lagerei“, sagte Arbeitsmarktforscher Alexander Kubis nach IAB-Angaben vom Montag. Mit ihrer Stellenerhebung untersuchen die Nürnberger Forscher viermal jährlich das gesamte Angebot – also auch jene Stellen, die den Arbeitsagenturen nicht gemeldet werden. Sie werteten dafür Antworten von rund 6000 Arbeitgebern aus.
Die Erzeugerpreise (Preise von Rohstoffen und Industrieerzeugnissen) in der EU und in der Eurozone sind im September um 0,6 Prozent gestiegen. Österreich lag genau im Schnitt. Spitzenreiter waren die Niederlande mit einem Plus von 2,9 Prozent, geht aus jüngsten Daten von Eurostat hervor.
Erzeugerpreise steigen
Im jährlichen Vergleich – von September bis September – gab es in der EU eine Steigerung um 3,3, in der Eurozone von 2,9 Prozent. Die stärkste Erhöhung verzeichnete Belgien (7,0). Österreichs Plus lag bei 1,8 Prozent. Den geringsten Anstieg meldete Luxemburg mit 0,9 Prozent. (Reuters/DPA/red.)