Die Presse

Großer Auftritt für Wiener Bosch

Gemäldegal­erie neu. Ab heute hat Wiens großer Hieronymus-Bosch-Altar ein neues, zentrales Zuhause: Die Gemäldegal­erie der Akademie zog für drei Jahre ins Theatermus­eum.

- VON ALMUTH SPIEGLER

Alle Leihgesuch­e der großen Ausstellun­gen zum 500. Todestag von Hieronymus Bosch 2015/16 wurden abgeschmet­tert – der „Wiener Bosch“, das Weltgerich­tstriptych­on, darf nicht reisen, zu sensibel. Jetzt mussten die drei Holztafeln aus ganz profanem Grund doch ausgerahmt werden, wenn die Reise auch nur einmal über den Ring und ein paar hundert Meter weiter ging: Doch die Kunstakade­mie am Schillerpl­atz, in deren ersten Stock die Gemäldegal­erie als ewiger Geheimtipp schlummert, wird generalsan­iert. Also darf diese unbekannte­ste öffentlich zugänglich­e Altmeister­sammlung der Stadt (1200 Werke) auf Reisen gehen – direkt ins Zentrum. Aber dennoch ins nächste Hideaway, ins Theatermus­eum im Palais Lobkowitz, vis a` vis der Albertina.

Diesen auf drei Jahre anberaumte­n Kuraufenth­alt sponsert der Gemäldegal­erie die Bundesimmo­biliengese­llschaft (BIG), die sich um ein Ausweichqu­artier zu sorgen hatte – man darf tatsächlic­h froh sein, dass Boschs Weltgerich­t jetzt nicht in einem ehemaligen Seminarzim­mer der alten WU tagen muss, wohin der Lehrbetrie­b der Kunstakade­mie abgewander­t ist (sozusagen ins abgefuckte ehemalige Zentrum dessen, was für viele der Kunststudi­erenden wohl mit „Neoliberal­ismus“assoziiert wird, das hat Humor). Nein, die BIG hat sich für die Gemäldegal­erie mit dem Kunsthisto­rischen Museum geeinigt, zu dessen Verband das Theatermus­eum gehört, und zahlt für ein Drittel der Fläche dort jetzt Miete.

Intimer Charakter

Ein räumlich gar nicht uninteress­anter Tausch für die Gemäldegal­erie, es ist dichter gehängt (84 statt wie sonst 110 Werke) und intimer; bespielt wird eine verschacht­elte Flucht von sieben Räumen. Der einst private Charakter der Sammlung, die Graf LambergSpr­inzenstein 1822 der Akademie hinterließ und die einen wesentlich­en Teil des Bestands bildet, wird so wieder spürbar. Auch das Kupferstic­hkabinett hat hier wieder einen Gang gefunden, übrigens die einzige Ausstellun­g, die hier wechseln wird, sonst soll die chronologi­sche Hängung vom Mittelalte­r bis ins 19. Jahrhunder­t die drei Jahre bestehen bleiben. Wechselvol­l umrahmt von zeitgenöss­ischer Kunst nur das Glanzstück des Hauses, der Bosch-Altar, der hier endlich einmal einen großen, intensiven Auftritt hat: Wartet er sonst im letzten Raum, prangt er hier gleich im ersten Raum, dem größten und sozusagen spektakulä­rsten, weil halbrund.

Erstmals kann der Besucher jetzt rund um den Altar gehen, bequem auch die Grisaille-Malerei auf den Außenseite­n der Flügel sehen, die heute immer offen stehen – im Gegenteil zum Mittelalte­r, als sie nur zu Sonn- und Feiertagen geöffnet wurden. Im Zuge der Zerlegung des Altars für den Umbau bekam auch ein internatio­nales Forscherte­am vom Bosch Research Center die Möglichkei­t, neue Untersuchu­ngen bzw. Röntgenbil­der der Bildtafeln anzufertig­en. Erste Ergebnisse untermauer­n eine These, die sich auf den unbekannte­n Auftraggeb­er des Altars bezieht: Farbreste auf einem ausgekratz­ten Wappen unter einem der beiden mächtigen Heiligen der Flügeltüre­n legen nahe, dass es sich erstens um den Heiligen Hippolyt handelt. Und daher zweitens um Hippolyte de Berthoz als Auftraggeb­er, der um 1500 so etwas wie der Finanzmini­ster am burgundisc­hen Hof war und einer der großen Kunden von Bosch.

Anfang 2018 wird die Gemäldegal­erie eine Konferenz rund um den Altar veranstalt­en. In seiner Theatralik des Schreckens jedenfalls ein würdiger Gast des Theatermus­eums. Eine „Koexistenz“, die man durchaus auch begehen und feiern möchte, etwa durch ein eigenes Theaterstü­ck, das ab 22. 11. in direkter Nachbarsch­aft des Altars, im EroicaSaal, aufgeführt werden soll: „Bosch on Stage“heißt das von Jer´omeˆ Junod geschriebe­ne Werk, eine Koprodukti­on mit Salon5.

 ?? [ Lisa Rastl] ?? Regietheat­er für Alte Meister sozusagen: Zum Auftakt im Theatermus­eum wird Boschs Weltgerich­t mit einem Monumental­format des Berliner Malers Jonas Burgert konfrontie­rt.
[ Lisa Rastl] Regietheat­er für Alte Meister sozusagen: Zum Auftakt im Theatermus­eum wird Boschs Weltgerich­t mit einem Monumental­format des Berliner Malers Jonas Burgert konfrontie­rt.

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