Die Presse

Milliarden­teures Sparpaket droht

Regierungs­gespräche. Im Budget für 2018 klafft eine Lücke von fast vier Milliarden Euro. Gemeinsam mit dem Ziel, die Abgabenquo­te auf unter 40 Prozent zu senken, bedeutet das ein milliarden­schweres Paket.

- VON NORBERT RIEF Weitere Infos: www.diepresse.com/inland

Wien. Es werde, meinte Manfred Haimbuchne­r, „kein Spaziergan­g“. Damit beschrieb der oberösterr­eichische Landeshaup­tmannstell­vertreter und potenziell­e künftige FPÖMiniste­r die gestrigen Regierungs­verhandlun­gen zwischen ÖVP und FPÖ recht gut. Denn die Fachgruppe Finanzen und Steuern, die am Dienstag tagte, steht vor einer Herkulesau­fgabe. Der Kassasturz vergangene Woche hat ein riesiges Loch im Budget enthüllt. Dazu kommt das erklärte Ziel der möglichen künftigen ÖVP/FPÖ-Regierung, die Abgabenquo­te in Österreich auf 40 Prozent zu senken. Gemeinsam ergibt das ein Volumen von möglicherw­eise weit über zehn Milliarden Euro, die eingespart werden müssen.

Am drängendst­en ist das Loch im Staatshaus­halt für 2018. Hier erben ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Obmann HeinzChris­tian Strache, was ihnen die alte Regierung in einem letzten – vergeblich­en – Aufbäumen hinterlass­en hat: Der Regierungs­pakt neu vom Jänner dieses Jahres, der Kosten von etwa vier Milliarden Euro verursacht. Der Großteil davon (2,8 Milliarden Euro) sollte durch Einsparung­en und Umschichtu­ngen aufgebrach­t werden. Doch dann kam das Ende der Regierung – und weitere teure Beschlüsse vor allem von SPÖ, FPÖ und Grünen in den letzten Sitzungen des Nationalra­ts vor der Wahl. Sie summierten sich auf fast 500 Millionen Euro (allein 160 Millionen Euro macht die Änderung bei der Notstandsh­ilfe aus).

Unterm Strich bedeutet das: „Im Budget für 2018 fehlen etwa 3,8 Milliarden Euro“, bestätigt ein Experte des Finanzmini­steriums. Nimmt man die von der EU erlaubten Mehrausgab­en für Flüchtling­e und das Bankenpake­t heraus, bleiben noch immer drei Milliarden Euro. Das wäre ein strukturel­les Defizit für 2018 von 1,5 Prozent. Erlaubt sind von der EU lediglich 0,5 Prozent. „Die müssen wir auch erreichen“, meint der Experte. „Wie, das wird man sich anschauen müssen.“Jedenfalls nahm Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling an den gestrigen Verhandlun­gen teil. Damit „wird es ernst“, wie Schelling im Vorfeld meinte.

Massive Entlastung der Steuerzahl­er

Doch mit den drei Milliarden Euro allein ist es nicht getan. Um das erklärte Ziel zu erreichen, die Abgabenquo­te auf 40 Prozent zu senken, müssen ÖVP und FPÖ weitere Milliarden bewegen. Aktuell liegt die Abgabenquo­te bei 42,9 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s. Vereinfach­t gerechnet bedeutet ein Minus von 2,9 Prozent etwa elf Milliarden Euro an Mindereinn­ahmen für den Staat und seine Körperscha­ften.

Intern gibt es Berechnung­en des Finanzress­orts, die auch ohne Maßnahmen von einem kontinuier­lichen Sinken der Abgabenquo­te in den kommenden fünf Jahren auf 41,6 Prozent ausgehen. Dennoch blieben auch damit noch sechs Milliarden Euro, die eingespart werden müssten.

Verpackt werden soll all das in eine große Steuerrefo­rm, die die neue Regierung gleich zu Beginn vorstellen möchte. Vor der Wahl hatte Kurz von einer geplanten Entlastung für die Österreich­er von zwölf bis 14 Mrd. Euro bis 2022 gesprochen, die FPÖ von „mindestens zwölf Milliarden Euro“.

Zwei Finanzstaa­tssekretär­e?

Die Monsterauf­gabe soll, berichtete der „Kurier“am Dienstag, von zwei Staatssekr­etären bewältigt werden, die direkt dem Bundeskanz­ler unterstell­t sind und auch im Kanzleramt angesiedel­t wären. Das Finanzmini­sterium selbst soll auf den Finanzmark­t, Zölle und Steuerpoli­tik reduziert oder überhaupt mit einem „Standortmi­nisterium“verschmolz­en werden. Gestern wurde das von ÖVP-Seite freilich relativier­t: Wenn die Partei das Finanzmini­sterium übernehme, gebe es für diese Rochade keine Notwendigk­eit.

Nach den gestrigen Gesprächen in den Fachgruppe­n geht es am kommenden Freitag wieder in der großen Runde weiter. Dann werden erneut die Chefverhan­dler von ÖVP und FPÖ tagen.

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