Elisabeth Köstinger, Präsidentin auf Abruf – oder auch nicht
ÖVP. Die neue Nationalratspräsidentin ist wohl nur eine Übergangslösung. Ihr Posten in der Partei wird nachbesetzt.
Wien. Karlheinz Kopf hat die Nachricht, dass er nicht Erster Präsident des Nationalrats wird, recht gelassen aufgenommen. Jedenfalls nach außen hin. Am Montagabend gab es ein Gespräch zwischen dem 60-Jährigen, der zwischen 2008 und 2013 Klubobmann der ÖVP und danach Zweiter Nationalratspräsident war, und Sebastian Kurz. Kopf wird sich wieder auf die Abgeordnetenbank zurückziehen, auf jenes Direktmandat, das er in seinem Vorarlberger Wahlkreis geholt hat.
Kurz hat sich für Elisabeth Köstinger als Nationalratspräsidentin entschieden. Vorläufig jedenfalls. Denn ob die 38-Jährige über die Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ hinaus in diesem Amt bleibt, ist offen. In der ÖVP geht man eigentlich davon aus, dass Köstinger nur eine Übergangslösung ist. Es sei denn, es gibt keinen Platz für sie in der Regierung. Wenn das Außenamt an die FPÖ geht, die Landwirtschaft in einem Wirtschafts-Reformministerium (unter Ex-Rechnungshofpräsident Josef Moser etwa) aufgeht und sich Kurz für Gernot Blümel als Kanzleramtsminister oder -staatssekretär entscheidet, bleibt Köstinger, die bisher nur Erfahrung als EU-Mandatarin vorweisen kann, vielleicht doch im Parlament. Ansonsten kommt sie für eines der genannten Ministerien infrage.
Auf Jobsuche für Wolfgang Sobotka
Und dann? Kommt womöglich doch noch Wolfgang Sobotka zum Zug. Obwohl der 61-jährige Niederösterreicher noch nie Abgeordneter war, weder im Landtag noch im Nationalrat. Und obwohl er lieber Minister bleiben würde. Allerdings beharrt die FPÖ auf dem Innenministerium. Und deshalb wird Sobotka derzeit mit dem Verteidigungs- und – als ehemaliger Lehrer – mit dem Bildungsministerium in Verbindung gebracht.
Kurz weiß allerdings auch, dass ein Wolfgang Sobotka in der Regierung nicht jene Veränderung verkörpern würde, die er den Wählern versprochen hat. Vor diesem Hintergrund ist auch die Ablöse von Karlheinz Kopf zu sehen. Doch aus der mächtigen niederösterreichischen ÖVP, der Kurz viel zu verdanken hat, gibt es Druck auf den Bundesparteiobmann, ein geeignetes Plätzchen für Sobotka zu finden. Landeshauptfrau Jo- hanna Mikl-Leitner soll ein großes Interesse daran haben, dass ihr einstiger Konkurrent um die Erwin-Pröll-Nachfolge in Wien bleibt. Und da kommt dann das Parlament ins Spiel.
Kurz selbst übernimmt fürs Erste den Vorsitz im Parlamentsklub der ÖVP. Sozialsprecher August Wöginger, bisher Stellvertreter von Reinhold Lopatka, wird geschäftsführender Klubobmann – und steigt auf, wenn Kurz Kanzler wird. Seine Personalpläne will der Parteiobmann heute, Mittwoch, den Abgeordneten darlegen. Die erste Klubsitzung findet traditionell am Tag vor der konstituierenden Nationalratssitzung statt.
Ganz reibungslos werde dieses Treffen nicht verlaufen, glaubt man im Klub. Kurz habe mit Kritik zu rechnen. Einigen Abgeordneten missfällt, dass es für das Nationalratspräsidium womöglich nur eine interimistische Lösung gibt. Von mangelnder Wertschätzung ist die Rede. Für das protokollarisch immerhin zweithöchste Amt im Staat (nach dem Bundespräsidenten). Und auch für die Abgeordneten, die sich ausgeschlossen fühlen. Denn Kurz trifft seine Entscheidungen ausschließlich im kleinen Kreis, egal ob es um die Koalitionsverhandlungen oder Personelles geht. Und zu dem gehören neben Elisabeth Köstinger und dem zweiten ÖVP-Generalsekretär, Stefan Steiner, eigentlich nur Bundesgeschäftsführer Axel Melchior, sein Pressesprecher Gerald Fleischmann und der Wiener Landesparteichef Gernot Blümel.
Neue ÖVP-Generalsekretärin?
Ihre Parteifunktion legt Elisabeth Köstinger am Donnerstag zurück. Lange wird Stefan Steiner aber nicht alleiniger ÖVP-Generalsekretär bleiben. Ein Nachfolger werde „zu gegebener Zeit“präsentiert, hieß es gestern aus dem Kurz-Umfeld. Oder eher: eine Nachfolgerin. Eine Option wäre die 37-jährige Niederösterreicherin Bettina Rausch, eine KurzVertraute aus der JVP, die mit Köstinger im Führungsgremium der ÖVP-Akademie sitzt.
Köstinger jedenfalls ist nach Barbara Prammer und Doris Bures (beide SPÖ) die dritte Frau an der Parlamentsspitze, die erste aus der ÖVP. Bures zieht sich in die zweite Reihe zurück. Dritter Präsident bleibt Norbert Hofer, wiewohl auch er in die Regierung wechseln dürfte, wenn sich ÖVP und FPÖ einig werden. Als Außen- oder Sozialminister.