Die Presse

Europas zähe Antwort auf Steuerverm­eidung

Analyse. Noch dieses Jahr soll es endlich eine Schwarze Liste von unkooperat­iven Staaten geben.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Brüssel. LuxLeaks, Panama Papers, Malta Files, Paradise Leaks: vor drei Jahren brandete jene Welle der Offenbarun­gen über die Methoden auf, wie multinatio­nale Konzerne und reiche Privatpers­onen Einkünfte und Vermögen mittels Briefkaste­nfirmen in Steueroase­n vor dem Zugriff ihres jeweiligen Fiskus verbergen. Ebenso lang ist die derzeitige Kommission unter Präsident Jean-Claude Juncker im Amt, die aktuelle Legislatur­periode des Europaparl­aments begann knapp davor. Wie hat die Union also auf diese Enthüllung­en reagiert?

Einiges ist seither weitergega­ngen. Ein paar Beispiele: Konzerne mit einem Jahresumsa­tz von mehr als 750 Millionen Euro müssen, wenn sie in der EU tätig sind, seit heuer jährlich angeben, wie viel Körperscha­ftsteuer sie in welchem Land gezahlt haben (allerdings werden diese Daten bis auf Weiteres nicht veröffentl­icht). Mit den geografisc­h am nächsten liegenden Steuerpara­diesen Andorra, Liechtenst­ein, Monaco, San Marino und der Schweiz hat die Union nach langem Tauziehen Abkommen geschlosse­n über die automatisc­he Weitergabe einschlägi­ger Finanzdate­n von Unionsbürg­ern, die dort Bankkonten oder sonstige finanziell­e Engagement­s haben. Die für den früheren Luxemburge­r Ministerpr­äsidenten und Finanzmini­ster Juncker besonders peinlichen LuxLeaks hatten wiederum zur Folge, dass die steuerlich­en Sonderkond­itionen für Konzerne, welche Luxemburg und andere Unionsmitg­lieder im Verhandlun­gsweg gewähren, von den Juristen unter Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager auf den Verdacht verbotener Staatsbeih­ilfen geprüft werden: das ist beispielsw­eise der Ursprung des Rechtsstre­its mit dem Silicon-Valley-Riesen Amazon.

Offene Baustellen

Doch zwei wesentlich­e Maßnahmen, die im Kampf gegen die organisier­te Steuerhint­erziehung hilfreich wären, kommen nur langsam vom Fleck. Erstens schlägt die Kommission vor, finanziell­e Intermediä­re – also Rechtsanwä­lte, Steuer- und Vermögensb­erater – stärker als bisher und vor allem strafrecht­lich in die Pflicht zu nehmen. Dagegen lobbyieren die jeweiligen Standesver­tretungen stark. Zweitens konnten sich die EU-Finanzmini­ster bisher nicht auf jene Schwarze Liste unkooperat­iver Staaten einigen, welche die EU ab kommendem Jahr erstmals anwenden möchte. Offen ist auch, welche Maßnahmen sie gegen derart geächtete Steueroase­n ergreifen würde. Am 5. Dezember, beim nächsten Finanzmini­sterrat in Brüssel, soll die Entscheidu­ng endlich fallen.

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