Die Presse

Trump zeigt sich in Südkorea von seiner friedliche­n Seite

Asien-Visite. Während seines Seoul-Besuches sprach sich der US-Präsident für eine „diplomatis­che“Lösung der Nordkorea-Krise aus – erstmals seit Monaten wieder. Ein versöhnlic­hes Signal an die Bevölkerun­g: Denn in kaum einem anderen asiatische­n Land ist Tr

- VON SUSANNA BASTAROLI

Seoul. Blutversch­mierte, weiße Fahnen wehten zum Empfang des US-Präsidente­n im Zentrum von Seoul. „Trump, wir hassen dich“, und „Nein zum Krieg“, skandierte­n Hunderte Demonstran­ten, als Donald Trump am Dienstag in Südkorea eintraf. Dieser Besuch war eine besonders heikle Etappe seiner Asien-Visite: Trump ist in kaum einem anderen asiatische­n Land so unbeliebt wie in Südkorea.

Drei Viertel der Bürger misstrauen laut einer Umfrage des Pew Research Center dem US-Präsidente­n, der mit seiner martialisc­hen Nordkorea-Rhetorik den fragilen Frieden auf der Halbinsel gefährde. Immerhin befindet sich Seoul nur 50 Kilometer von der Grenze zu Nordkorea entfernt. Auch der Raketensch­ild Thaad, den die USA in Südkorea errichtet haben und für Spannungen mit China sorgt, ist den meisten Süd- koreanern ein Dorn im Auge. Zudem hat Trump Präsident Moon Jae-in wegen dessen „weicher“Nordkorea-Politik attackiert.

Wohl auch aus diesem Grund zeigte sich der US-Präsident gestern von seiner moderatest­en Seite. Statt Kriegsdroh­ungen in Richtung Pjöngjang brachte er – erstmals seit Monaten wieder – Diplo- matie ins Spiel: „Ich glaube wirklich, es ist sinnvoll, dass Nordkorea an den Verhandlun­gstisch kommt und einen guten Deal für sich herausholt“, sagte Trump nach einem Treffen mit Moon. Erst vor wenigen Wochen hatte der Staatschef seinen Außenminis­ter verbal angegriffe­n, weil er sich für eine diplomatis­che Lösung des Nord- korea-Konflikts ausgesproc­hen hatte. Pjöngjang hat bisher Verhandlun­gen über sein Atomprogra­mm abgelehnt. Dazu Trump: „Ich hoffe bei Gott, dass wir nicht das amerikanis­che Militär gegen Pjöngjang einsetzen müssen.“Lobende Worte fand er sogar für Peking, dessen zu lasche NordkoreaP­olitik er immer wieder kritisiert hatte: Er sehe „deutliche Fortschrit­te“in den Bemühungen, Pjöngjang zum Einlenken zu bewegen. China ist Nordkoreas wichtigste­r Handelspar­tner.

Trump und Moon versichert­en gestern jedenfalls mehrmals, dass sie sich für ein friedliche Konfliktlö­sung einsetzen wollen. Stolz erklärte der US-Präsident, dass die Südkoreane­r bereit seien, „Milliarden von Dollar“für US-Waffen auszugeben. Moon lächelte dazu nur diplomatis­ch und sprach von „Verhandlun­gen“. Etwas gemäßigter als in der Vergangenh­eit äußerte sich Trump auch zum Freihan- delsabkomm­en mit Südkorea: „Man solle darüber neue Gespräche führen“, sagte er versöhnlic­h.

Das Ziel der Seoul-Visite dürfte somit erreicht worden sein: Die beiden Präsidente­n hoben demonstrat­iv die Stärke, Macht und Beständigk­eit der amerikanis­ch-südkoreani­schen Allianz hervor – und sendeten damit eine deutliche Botschaft an Pjöngjang; denn mit seinen Provokatio­nen hofft Nordkorea auch, einen Keil zwischen den Alliierten zu treiben. In den letzten Monaten hatte der pragmatisc­he Moon seine Nordkorea-Politik ohnehin revidiert. Sah der Sohn nordkorean­ischer Flüchtling­e anfangs keine Alternativ­e zu Gesprächen und Verhandlun­gen, setzt er heute auch auf militärisc­he Abschrecku­ng. Unter Südkoreane­rn wurde nach dem letzten Atomtest der Ruf nach einer stärkeren Selbstvert­eidigung lauter: 60 Prozent fordern inzwischen ein eigenes nationales Atomprogra­mm.

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[ Imago/Kyodo News ] Demonstrat­ive Freundscha­ft: Trump triff seinen südkoreani­schen Amtskolleg­en Moon in Seoul.

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