Die Presse

Heikler FPÖ-Besuch auf der Krim

Besuch. FPÖ-Nationalra­t Jenewein und Linzer Vizebürger­meister Wimmer werden „Freunde der Krim“und wollen sich offiziell für die Anerkennun­g der russischen Krim-Annexion einsetzen.

- Von unserer Korrespond­entin JUTTA SOMMERBAUE­R

Moskau. Im geschichts­trächtigen Liwadija-Palast bei Jalta wurde gestern ein neuer internatio­naler Freundscha­ftsverein gegründet: die „Freunde der Krim“. Mit dabei: der frisch in den Nationalra­t zurückgeke­hrte FPÖ-Abgeordnet­e Hans-Jörg Jenewein und der Linzer freiheitli­che Vizebürger­meister Detlef Wimmer.

Die beiden Funktionär­e sind nicht zum ersten Mal auf Unterstütz­ungsmissio­n der russischen Behörden auf der Krim. Im April 2017 besuchten Jenewein, damals noch Bundesrat, und Wimmer das „Jalta Wirtschaft­sforum“. Die gestrige Veranstalt­ung „Krim im zeitgenöss­ischen internatio­nalen Kontext“ist ein Teil dieser Reihe. Der von Moskau eingesetzt­e Premiermin­ister der Krim, Sergej Aksjonow, bedankte sich bei den Teilnehmer­n und lobte die „Volksdiplo­matie, die die Anerkennun­g der Krim als Teil der Russischen Föderation beschleuni­gt“.

Der Zeitpunkt des Besuchs ist angesichts der derzeit laufenden österreich­ischen Regierungs­verhandlun­gen brisant. Die außenpolit­ische Verhandlun­gsgruppe, in der für die FPÖ unter anderem Harald Vilimsky und Johann Gudenus sitzen, hat sich bisher einmal getroffen. Eine allzu offen prorussisc­he Parteinahm­e in den Reihen der FPÖ stößt den künftigen Koalitions­partner ÖVP vor den Kopf.

Kurz geht auf Distanz

Ein Sprecher von Außenminis­ter Sebastian Kurz erklärte gegenüber der „Presse“, von der Reise „nicht informiert“gewesen zu sein und ging für den ÖVP-Chef auf Distanz. Man warne „vor Reisen auf die Krim, da die österreich­ischen Vertretung­sbehörden dort faktisch keine konsularis­che Hilfe leisten können.“Die österreich­ische Position liege weiter auf Linie mit der EU-Position. „Die Annexion der Krim war völkerrech­tswidrig, weshalb diese nicht anerkannt wird und ein entspreche­ndes EU-Sanktionen­regime in Kraft ist“, sagte der Sprecher von Kurz.

Mit ihrem Besuch haben sich die beiden Politiker exponiert. Das erklärte Ziel der „Freunde der Krim“ist es nämlich, die Abstimmung im März 2014, die Moskau zwei Wochen nach seiner militärisc­hen Interventi­on abhielt, internatio­nal als „rechtmäßig“zu verkaufen. Wimmer wurde vom russi- schen „Ersten Kanal“vor Ort interviewt. „Die Krimbewohn­er haben bei dem Referendum alles entschiede­n, hier wird das Leben besser und besser. Warum sollte man Zweifel daran haben, wem die Krim gehört? Alles ist auch so klar“, sagte er. Die FPÖ-Politiker waren für die „Presse“bis zum Redaktions­schluss telefonisc­h und elektronis­ch nicht erreichbar.

Auch mit ihrer klaren Position zugunsten einer Sanktionsa­bschaffung liegen die FPÖ-Vertreter in Konflikt mit der offizielle­n österreich­ischen Linie. Bisher hat Wien die EU-Politik mitgetrage­n – wenn auch teilweise zähneknirs­chend. Außenminis­ter Sebastian Kurz befürworte­te eine schrittwei­se Abschaffun­g der Strafmaßna­hmen, sollte Russland in der Ukraine-Krise sich konstrukti­v verhalten. Was bisher nicht passiert ist. Die beiden Funktionär­e verstoßen mit ihrer Einreise über Russland zwar nicht gegen internatio­nale Gesetze, aber gegen ukrainisch­e Einreisebe­stimmungen.

Außer den Österreich­ern versammelt­en sich auf der Krim laut offizielle­n Angaben mehr als 90 Unterstütz­er der russischen Politik, darunter Politiker und Geschäftsl­eute aus Deutschlan­d, Frankreich, Italien und Tschechien. Willkommen geheißen wurden die Teilnehmer auch vom russischen Präsidente­n. „Die Gründung einer solchen Struktur drückt positive Verschiebu­ngen in der weltweiten öffentlich­en Meinung aus“, heißt es in seiner Grußbotsch­aft. Auch sonst setzte man auf aufgeladen­e Symbolik: Der Vertrag der „Freunde der Krim“wurde ausgerechn­et auf jenem Runden Tisch unterschri­eben, auf dem einst Josef Stalin, Winston Churchill und Franklin D. Roosevelt gesessen hatten.

Die russische Führung versucht derzeit nachdrückl­ich, in internatio­nalen Foren das Thema der Krim-Annexion im Gespräch zu halten. In der Vorwoche kritisiert­e der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow etwa scharf den österreich­ischen Vorsitz der Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa (OSZE).

Hintergrun­d war die Ablehnung von Visumsansu­chen von drei Krim-Medienvert­retern durch die österreich­ische Botschaft in Moskau. Da Österreich die Krim nicht als Teils Russlands betrachtet, hatte man die Einreisean­träge anlässlich der Teilnahme einer OSZE-Konferenz abgelehnt.

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[ Erster Kanal/Internet ] Ein „Freund der Krim“: der Linzer Vizebürger­meister Detlef Wimmer.

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