Die Presse

Die maltesisch­en Geschäfte der Familie Yıldırım

Türkei. Die Söhne des Premiers Binali Yıldırım tauchen in den „Paradise Papers“auf. Von Steuerfluc­ht könne nicht die Rede sein, wehrt sich der Regierungs­chef. Auf der Mittelmeer­insel sind viele türkische Geschäftsm­änner zu finden.

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Ankara. Die Sache war ihm sichtlich unangenehm. Aber die Fragen waren nun einmal gestellt und die Kameras auf ihn gerichtet. Bei der Pressekonf­erenz am Flughafen Ankara-Esenboga,˘ kurz vor seiner Abreise nach Washington, nahm der türkische Premier Binali Yıldırım am Dienstag Stellung zu den Enthüllung­en rund um die sogenannte­n Paradise Papers. Zuvor hatte die türkische Zeitung Cumhuriyet, Teil des Internatio­nalen Journalist­enkonsorti­ums ICIJ, über ominöse Firmenvers­trickungen der Yıldırım-Söhne auf Malta berichtet.

Früher als Schiffsmak­ler tätig, habe Yıldırım mit seinem Eintritt in die Politik die Geschäfte seinen beiden Söhnen überlassen. „Der maritime Sektor ist ein globales Geschäft, da gibt es keine Geheimniss­e“, so der Premier am Dienstag. Und: Von steuerspar­enden Methoden auf Malta könne nicht die Rede sein, die Firmen seiner Söhne würden so viel Steuern zah- len wie kaum ein zweiter in Istanbul. Daher sehe er einer Untersuchu­ng gelassen entgegen.

Für regierungs­kritische türkische Medien war die Erklärung des Premiers freilich nicht ausreichen­d. Warum ausgerechn­et Malta? Zudem war in sozialen Medien die Tatsache, dass Yıldırım auf Twitter genau vier Accounts folgt, nämlich drei offizielle­n AKP-Stellen und der maltesisch­en Präsidenti­n, Marie Louise Coleiro, Grund genug für Amüsements aller Art.

Weit verzweigte­s Geflecht

Den Enthüllung­en zufolge stehen die Söhne Yıldırıms mit der im April 2004 gegründete­n Schiffsges­ellschaft Hawke Bay Marine Co Ltd direkt in Verbindung. Besonders pikant: Zu dem Zeitpunkt der Registrier­ung in Valletta war Yıldırım als Verkehrsmi­nister auch für Seewege und -handel zuständig. Hawke Bay operierte offenbar nur drei Jahre lang, allerdings gab es mit Black Eagle Marine einen Nachfolger mit denselben Protagonis­ten. Der Sohn Erkam Yıldırım ist darüber hinaus bei drei weiteren, in Malta registrier­ten Firmen unterschri­ftsberecht­igt. Die Spuren von insgesamt acht maltesisch­en Unternehme­n führen zur Familie Yıldırım, nicht nur zu den Söhnen, sondern auch zu einem Onkel und Neffen des Premiers.

Die Namen drei weiterer türkischer Geschäftsm­änner tauchen in einem weit verzweigte­n Firmengefl­echt ebenfalls auf. Sie alle haben in Istanbul dieselbe Postadress­e, wie die von Binali Yıldırım mitbegründ­ete Schiffsver­ein Piri Reis. Die Geflechte in Malta sind bisweilen kaum zu durchschau­en, da die Firmen oft eine Lebenszeit von nur wenigen Jahren haben. Über Umwege taucht in Valletta allerdings auch der Name Serhat Albayrak auf, Bruder des Energiemin­isters und Erdogan-˘Schwiegers­ohns Berat Albayrak. Serhat Albayrak fun- gierte offenbar als Direktor der Firma Frocks Internatio­nal Trading. Deren Gründer stammen allesamt aus dem Dunstkreis der C¸alık Holding, einem der größten Firmenkong­lomerate in der Türkei. Nicht nur die Gebrüder Albayrak, sondern auch mehrere AKP-Granden sind in die Geschäfte der C¸alık Holding involviert. Frocks Internatio­nal war offenbar zwischen 2003 und 2009 aktiv und hat C¸alık Holdung zufolge Textilgesc­häfte mit der Holding abgewickel­t. Der Zeitung Cumhuriyet zufolge sind allerdings keine Belege zu finden, die die Beziehunge­n zwischen den beiden Firmen belegen könnten.

Nach Bekanntwer­den der Paradise Papers hat die Opposition­spartei CHP die Offenlegun­g aller Involviert­en und Geschäfte verlangt. Beobachter sahen gar Parallelen zu dem großen Korruption­sskandal innerhalb der AKP im Jahr 2013, als drei Minister zurücktret­en mussten. (duö)

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