Bleibt alles an der „guten Seele“hängen?
Burgtheater. Die langwierigen Ermittlungen in der Burgtheater-Causa haben ein Ende. Dem Vernehmen nach soll nur gegen die ehemalige kaufmännische Geschäftsführerin der Burg, Silvia Stantejsky, Anklage erhoben werden.
Das Warten hat bald ein Ende. Nach einem fast vier Jahre langen Ermittlungsverfahren sollten Ex-Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann, der ehemalige Chef der Bundestheater-Holding Georg Springer und Silvia Stantejsky, die frühere kaufmännische Direktorin der Burg, nun in Kürze erfahren, ob die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen sie Anklage wegen des Verdachts auf Bilanzfälschung und Untreue erheben wird oder nicht.
Am Dienstag hat nämlich der Weisungsrat in ihrer Sache getagt und Justizminister Brandstetter eine Empfehlung abgegeben. Die Stellungnahme des Weisungsrats ist nach dem Gesetz vom Minister u. a. einzuholen, wenn – wie hier – öffentliches Interesse an dem Verfahren besteht. Die Empfehlung des Weisungsrats ist rechtlich nicht bindend. Allerdings hat sich der Justizminister bisher immer an dessen Ratschlag gehalten.
Wie die Empfehlung des Weisungsrats inhaltlich aussieht, konnte Franz Plöchl, der Vorsitzende des Weisungsrates, der „Presse“freilich nicht mitteilen. Dem Vernehmen nach wird nach den langwierigen Untersuchungen und zahlreichen Einvernahmen schlussendlich aber wohl nur Silvia Stantejsky der Prozess gemacht werden. Hartmann und Springer dürften nicht auf der Anklagebank Platz nehmen müssen.
„Gute Seele“wurde entlassen
Über 35 Jahre hat die Betriebswirtin im Burgtheater gearbeitet. Nachdem Thomas Drozda 2008 Generaldirektor der Vereinigten Bühnen geworden war, folgte sie ihm als kaufmännische Geschäftsführerin nach. In der Belegschaft galt sie als hilfsbereit, als „gute Seele“, die ihr Leben quasi dem Theater geweiht hatte. Im November 2013 nahm ihre Karriere jedoch ein jähes Ende. Nachdem Wirtschaftsprüfer im Zuge einer Gebarungsprüfung Buchungen auf ihr privates Konto entdeckt hatten, die sie veranlasst hatte, wurde Stantejsky suspendiert und kurz darauf von Matthias Hartmann entlassen.
Das Ensemble, das in Stantejsky ein Bauernopfer sah, ergriff lautstark ihre Partei. Die Schauspieler sprachen Georg Springer und Matthias Hartmann ihr Misstrauen aus. Die beiden hätten für das wirtschaftliche Chaos des Hauses ebenso Verantwortung zu übernehmen und es nicht nur auf das schwächste Glied in der Kette, Stantejsky nämlich, abzuwälzen. Hartmann habe schließlich als Di- rektor die Letztverantwortung gehabt, und Springer hätte als Aufsichtsratsvorsitzender der Burg ebenfalls bemerken müssen, dass sich das Haus in grober Schieflage befindet.
Tatsächlich zeigte sich in den darauffolgenden Wochen und Monaten, dass an dem Theater die finanzielle Gebarung schon über geraume Zeit im Argen gelegen war, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nicht bezahlt, Mitarbeiter nicht angemeldet und die Buchhaltung alles anders als ordnungsgemäß geführt worden war. Den Schaden für die Burg bezifferten Wirtschaftsprüfer Anfang 2014 mit acht Mio. Euro. Als die Rechtsanwälte, die der damalige Kulturminister Ostermayer beauftragt hatte, das Ergebnis ihrer Rechtsgutachten vorlegten, wurde die Luft insbesondere für Hartmann immer dünner. Während Holding-Chef Georg Springer Ende Februar 2014 erklärte, an der verheerenden Situation „mitverantwortlich“zu sein, aber weiter Chef der Holding blieb, wurde der Burg-Chef am 11. März 2014 „wegen erheblicher Verletzungen der Sorgfaltspflichten“entlassen.
Ein derart unschöner Abgang blieb Springer erspart. Einige Monate später, Ende Juni 2014, sechs Monate vor seiner Pensionierung, entschied er selbst, seine Funktion als Geschäftsführer der Bundestheater-Holding zurückzulegen.
Matthias Hartmann brachte in der Zwischenzeit eine Klage gegen das Burgtheater beim Arbeits- und Sozialgericht Wien ein. Er steht auf dem Standpunkt, dass ihm noch rund eine Million Euro zusteht, weil er zu Unrecht entlassen worden ist und daher Anspruch auf Kündigungsentschädigung, offene Gagen sowie Zahlungen aus seinem eigentlich bis Ende 2019 laufenden Vertrag hat. Das Verfahren wurde jedoch, solange die strafrechtlichen Ermittlungen laufen, ruhend gestellt.
Sobald sie zu Ende sind, kann es nun wieder fortgesetzt werden. Das bestätigte auch die Bundestheater-Holding gegenüber der „Presse“. Die Tatsache, dass Matthias Hartmann strafrechtlich nichts zu Last gelegt wird, heißt nämlich nicht automatisch, dass seine Entlassung nicht rechtlich zulässig gewesen ist. Auch wer nicht untreu gehandelt hat, kann einen Entlassungsgrund setzen. Sollten sich Hartmann und die Holding also nicht vorweg in einem Vergleich einigen, wird sich Hartmann mit den Vertretern der Burg wieder vor dem Arbeitsgericht treffen. Oder aber vor dem Straflandesgericht, wo Springer und er sicher als Zeugen in dem Verfahren gegen Silvia Stantejsky aussagen müssen.