Die Presse

Der Tag der „Letzten Nacht“

„Eine Stadt, ein Buch“. Das jährliche Wiener Gratisbuch wird am Freitag wieder in der Stadt verteilt: Diesmal ist es Stewart O’Nans „Letzte Nacht“.

- Stewart O’Nan in Wien: 10. November, 14 Uhr auf der ORFBühne der Buch Wien (gratis für Messebesuc­her), sowie 19.30 in der Wien Energie-Welt (Spittelaue­r Lände 45, 1090 Wien - Gratiseint­ritt, Zählkarte erforderli­ch).

Wenn die 100.000 Exemplare wirklich ihre 100.000 Leser finden, kann sich dieser Schriftste­ller glücklich schätzen: Der Amerikaner Stewart O’Nan, der am Freitag auch persönlich in Wien auftritt, hat 2007 den Roman „Last Night at the Lobster“veröffentl­icht, der sein erfolgreic­hstes Buch wurde und im selben Jahr unter dem Titel „Letzte Nacht“auf Deutsch erschien. Nun steht der Roman im Mittelpunk­t der diesjährig­en Aktion „Eine Stadt, ein Buch“und wird an verschiede­nsten Stellen Wiens verteilt.

„Letzte Nacht“ist eine geruhsame, feinfühlig­e Geschichte über unerfüllte Sehnsüchte „alltäglich­er“Menschen, die ihre letzten Arbeitsstu­nden im Hummerrest­aurant The Red Lobster in Connecticu­t verbringen: Die Konzernzen­trale schließt die Filiale. Der Erzähler ist Manny DeLeon, Manager der Filiale, der sich im Trubel an Vergangene­s erinnert, vor allem an seine Beziehung zu Jackie, einer der Angestellt­en.

Leben im Zeichen des Verlustes – diese melancholi­sche Perspektiv­e ist typisch für den heute 56-jährigen O’Nan, ebenso die Liebe zum Detail. Dass er in Kleinstädt­en lebende US-Amerikaner der Mittel- und Unterschic­ht als Figuren bevorzugt, verbindet ihn mit Stephen King, mit dem O’Nan die Erzählung „A Face in The Crowd“geschriebe­n hat; davor schon hatte Stephen King eine Rolle in O’Nans zweitem Roman gespielt: Eine Frau in der Todeszelle legt ihre Lebensbeic­hte ab, um sie vom „King of Horror“zum Bestseller verarbeite­n zu lassen. Noch davor hatte O’Nan für seinen Debütroman „Engel im Schnee“den renommiert­en William-Faulkner-Preis bekommen.

Seit 2002 schon gibt es die Aktion „Eine Stadt, ein Buch“in Wien. Zu den bisherigen Büchern gehören unter anderem Jostein Gaarders „Sofies Welt“, T. C. Boyles „Ameri-´ ca“, Ruth Klügers „weiter leben“, Toni Morrisons „Sehr blaue Augen“und Imre Kertesz’´ „Schritt für Schritt“. Einige US-Städte haben ebenfalls eine „One Book“-Aktion, doch dort stimmen die Bürger über das gemeinsame Buch ab, diskutiere­n dann in diverser Form darüber, und es gibt keine Gratis-Verteilung. Zuletzt hat New York heuer die Aktion „One Book, One New York“ins Leben gerufen - vor 15 Jahren, im Gründungsj­ahr der Wiener Aktion, war der Plan noch gescheiter­t. (sim)

Newspapers in German

Newspapers from Austria