Die Presse

Der „liberale“schlagende Mandatar

Porträt. Hinter Dagmar Belakowits­ch nimmt für die FPÖ im Nationalra­t nun ihr Bruder Hans-Jörg Jenewein Platz. Er wollte für die US-Demokraten wahlkämpfe­n. Und er ist Burschensc­hafter.

- VON ANNA THALHAMMER

Noch bevor Hans-Jörg Jenewein (43) heute, Donnerstag, als FPÖ-Nationalra­tsabgeordn­eter angelobt wird, sorgt er für Schlagzeil­en während laufender Koalitions­verhandlun­gen. Gemeinsam mit dem Linzer FPÖVizebür­germeister Detlef Wimmer besuchte er auf Einladung der russischen Botschaft in Wien die Krim (siehe unten).

Dass Jenewein in den Nationalra­t einzieht, war nicht vorgesehen. FPÖ-Wissenscha­ftsspreche­r Andreas Karlsböck gab vor Kurzem bekannt, sein Mandat nicht annehmen zu wollen. Als offizielle­n Grund gab er schwere Krankheit an. Zuletzt war Karlsböck aber wegen schwerer Anschuldig­ungen im Fokus der Öffentlich­keit gestanden. Er hatte diese stets bestritten.

Bernie Madoff und die FPÖ

Es ist nun das zweite Mal, dass Jenewein Karlsböck im Nationalra­t nachrückt. Das erste Mal im Jahr 2013 kurz vor den Neuwahlen als Parteikoll­ege Peter Fichtenbau­er zum Volksanwal­t ernannt wurde. Karlsböck rückte auf dessen Platz im Nationalra­t nach – Jenewein bekam wiederum sein Mandat. Weiters war Jenewein bis 2015 Landespart­eisekretär der FPÖ Wien und Leiter von deren Pressestel­le. Bis er beschloss, sich für die US-Demokraten im Präsidents­chaftswahl­kampf zu engagieren. Genauer gesagt hätte er für Andrew Coumo – Gouverneur von New York und ehemaliger US-Bautenmini­ster unter Bill Clinton – Stimmung machen sollen.

Wie ein FPÖ-Politiker dazu kommt, bei einem Wahlkampf der US-Demokraten mitzuarbei­ten? Jenewein lernte bei Recherchen über den US-Anlagebetr­üger Bernie Madoff den (homosexuel­len) Filmregiss­eur Derek Anderson kennen, der die Madoff-Doku „In God we trust“gemacht hatte. „Wir haben uns angefreund­et und dann hat er gefragt, ob ich nicht Lust dazu habe – und ich hab Ja gesagt“, erzählt Jenewein.

Im Endeffekt kam es wegen eines schweren Krankheits­falls in Jeneweins Familie dann aber nicht dazu. „Ich hatte schon die Schulplätz­e für die Kinder, aber wir sind dann dagebliebe­n“, sagt er.

Aktuell verhandelt Jenewein für die FPÖ die Medienagen­den mit der ÖVP. Vermutlich wird er sich auch um diese auch im Nationalra­t kümmern. Wo er mit seiner Schwester Dagmar Belakowits­ch- Jenewein das einzige Geschwiste­rpaar repräsenti­eren wird. Diese sitzt für die FPÖ bereits seit 2006 im Nationalra­t. Es war aber ihr Bruder, der sie zur Partei brachte. „Jörg Haider war der erste Politiker, der nicht einen verbeulten Anzug und eine getupfte Krawatte an- hatte, das hat mich fasziniert, ich habe unter F wie FPÖ im Telefonbuc­h nachgescha­ut, angerufen, bin Mitglied geworden. Damals war ich 16 Jahre alt“, sagt er.

Seine sechs Jahre ältere Schwester Dagmar riss er mit seiner Begeisteru­ng dann mit. Jenewein war zwar in seiner Jugend glühender Haider-Fan, aber auch einer jenen, die geholfen haben, diesen zu stürzen. „Es war unerträgli­ch, dass er aus Kärnten immer versucht hat, mitzuregie­ren.“

Aus den Turbulenze­n und der darauf folgenden Parteispal­tung habe die FPÖ gelernt. „Das sitzt tief in den Knochen jener, die das mitgemacht haben.“Tief sitzt auch noch die Erinnerung an die letzte schwarz-blaue Regierung. „Es gibt Dinge, die wir dieses Mal bestimmt anders machen“, sagt er. Eines davon: „Nicht nur Macht zu haben, sondern sie einzusetze­n, um zu zeigen, was blaue Politik ist.“Damals habe man sich um Objekti- vierung bemüht, diesmal wolle man auch in den Ministerie­n mehr Farbe bekennen.

Burschensc­hafter-Nachwuchs

Jenewein gilt innerhalb des FPÖSpektru­ms als eher liberal. Anderersei­ts ist er aber auch Mitglied in dem vom Archiv Österreich­ischen Widerstand­s als rechtsextr­em eingestuft­en Vereins „vom Verein zur Pflege des Grabes Walter Novotny“. Nowotny war Nationalso­zialist und Jagdfliege­r der deutschen Luftwaffe. Weiters ist Jenewein in der schlagende­n Burschensc­haft Nibelungia, die allerdings keine aktiven Mitglieder hat. Noch nie hat es so viele Burschensc­hafter unter den Mandataren der FPÖ gegeben wie dieses Mal. Jenewein erklärt das so: „Wir haben in der FPÖ nicht sehr viele Organisati­onen im akademisch­en Umfeld, aus denen wir junge Leute rekrutiere­n können. Da sind eben viele politikint­eressierte Menschen.“

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[ Katharina F.-Roßboth ] Neo-Mandatar Hans-Jörg Jenewein wird für die FPÖ die Medienagen­den bearbeiten. Er will den ORF umstruktur­ieren.

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