Die Presse

Auf der Suche nach einem Ministeram­t für Köstinger

Koalition. Ist die neue Nationalra­tspräsiden­tin nur eine Platzhalte­rin im Parlament? Das hängt davon ab, welche Ressorts die ÖVP bekommt.

- VON MARTIN FRITZL UND THOMAS PRIOR

Wien. Die Wahl von Elisabeth Köstinger zur Nationalra­tspräsiden­tin bleibt umstritten. Nicht nur, weil die ÖVP-Politikeri­n bisher nicht im Parlament vertreten war, sondern auch, weil sie bald als Ministerin in die Regierung wechseln könnte. Ob das so kommen wird? Köstinger selbst wich dieser Frage bisher aus. Auch Parteiobma­nn Sebastian Kurz dürfte noch nicht entschiede­n haben, welches Amt eine seiner engsten Vertrauten künftig bekleiden wird. Personalen­tscheidung­en fallen in Koalitions­verhandlun­gen meist erst am Schluss.

An sich wäre Köstinger für ein Ministeriu­m vorgesehen, allerdings ist offen, ob es überhaupt ein passendes Ressort für sie geben wird. Die 38-Jährige soll Interesse am Außenminis­terium bekundet haben. Doch das reklamiere­n auch die Freiheitli­chen für sich – sehr zum Missfallen von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen, der der neuen Regierung eine klare Pro-EU-Linie vorgeben will. Und das wird mit einem FPÖ-Ressortche­f nur schwer gehen.

EU-Agenden ins Kanzleramt?

Ein möglicher Kompromiss wäre die Teilung des Ressorts – bei der Köstinger allerdings durch die Finger schauen würde. Demnach würden die EU-Agenden ins Bundeskanz­leramt wandern, zu Sebastian Kurz. Während ein freiheitli­cher Ressortlei­ter – Vizepartei­obmann Norbert Hofer oder, wie man hört, die Nahost-Expertin Karin Kneissl – mit der restlichen Außenpolit­ik betraut wird.

Apropos Kanzleramt: Da könnte Sebastian Kurz tatsächlic­h jene Richtlinie­nkompetenz umset- zen, die er im Wahlkampf eingeforde­rt hat. Und zwar nicht über eine Gesetzesän­derung, sondern, indem er die Zuständigk­eit für das Budget zu sich holt. Wer das Budget verantwort­et, kann bekannterm­aßen auch in die anderen Ressorts hineinregi­eren. Das Finanzmini­sterium wäre dann in seiner Bedeutung deutlich beschnitte­n – so es nicht mit anderen Kompetenze­n angereiche­rt wird.

Für Elisabeth Köstinger gibt es noch eine zweite Möglichkei­t: das Landwirtsc­haftsminis­terium. Als Bauernbünd­lerin würde sie eine der zentralen Voraussetz­ungen in der ÖVP erfüllen. Wobei fraglich ist, ob es das Ministeriu­m in dieser Form weiterhin geben wird. Die Überlegung­en gehen dahin, ein großes Wirtschaft­sressort zu bilden, das auch die Landwirtsc­haftsund Umweltagen­den mitbetreut. Und das dürfte – um den Wirtschaft­sflügel in der Partei nicht zu verärgern – eher ein Wirtschaft­sbündler anführen. Möglich wäre aber auch, dass Ex-Rechnungsh­ofPräsiden­t Josef Moser ein um die Restfinanz­agenden aufgewerte­tes Wirtschaft­sressort bekommt.

Es ist also nicht auszuschli­eßen, dass Köstinger doch Nationalra­tspräsiden­tin – immerhin einer der prestigetr­ächtigsten Jobs der Republik – bleibt. Zumal das Kanzleramt­sministeri­um (oder Staatssekr­etariat), ihre dritte Option, eher mit dem Wiener Parteichef Gernot Blümel besetzt wird.

Die FPÖ sucht Ministerin­nen

In der FPÖ scheint klar zu sein, dass das Führungstr­io HeinzChris­tian Strache, Norbert Hofer und Herbert Kickl in Ministeräm­ter aufsteigt. Ob sie ihre Wunschress­orts Inneres (Strache), Äußeres (Hofer) und Soziales (Kickl) be- kommen, ist aber noch offen. Hofer käme auch als Sozialmini­ster infrage. Als ministrabe­l gelten außerdem Volksanwal­t Peter Fichtenbau­er und der niederöste­rreichisch­e Parteiobma­nn Walter Rosenkranz, der auch Klubchef werden könnte – oder Dritter Nationalra­tspräsiden­t, wenn Norbert Hofer in die Regierung wechselt.

In der FPÖ ist die Auswahl an ministrabl­en Frauen nicht allzu groß. Für das Gesundheit­sministeri­um käme die oberösterr­eichische Primarärzt­in Brigitte Povysil infrage, die seit Donnerstag wieder im Nationalra­t sitzt. Auch die 25-jährige Salzburger Landespart­eichefin Marlene Svazek wurde von Strache genannt. Petra Steger, Spielerin in der Basketball­bundesliga, wird als Sportstaat­ssekretäri­n gehandelt.

Keinen logischen Ministerka­ndidaten gibt es für das Verteidigu­ngsressort, und zwar in beiden Parteien. Über Wolfgang Sobotka heißt es, er könnte den Zuschlag bekommen, wenn das Innenminis­terium an die FPÖ geht. Aber dasselbe sagt man über Sobotka und das Bildungsmi­nisterium. Karl Nehammer, Nationalra­tsabgeordn­eter und Milizoffiz­ier, wäre eine andere Möglichkei­t – er wurde von Kurz auch in die Koalitions­verhandlun­gen berufen.

In der FPÖ gelten Wehrsprech­er Reinhard Bösch und der steirische Parteiobma­nn Mario Kunasek, ein Unteroffiz­ier, als Kandidaten. Oder aber es gibt erstmals eine Verteidigu­ngsministe­rin. Darüber wird derzeit zumindest diskutiert. Wenn auch noch ohne Namen.

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[ APA ] Bleibt Elisabeth Köstinger im Parlament, oder wird sie Ministerin im Kabinett Kurz?

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