Schweden schließt Migrantenschulen
Integration. Kinder wurden auf „schwedischere“Schulen verteilt. Ihre Noten verbesserten sich deutlich.
Schweden gehört zu den Staaten in Europa, die in den vergangenen Jahren im Verhältnis zur eigenen Bevölkerung die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben. Und das Land verfügt auch traditionell über einen hohen Migrantenanteil. Das hat dazu geführt, dass an einigen Schulen, zumeist in sozial schwachen Gebieten, kaum noch Kinder mit Schwedisch als Muttersprache zu finden sind. Die freie Schulwahl hat dafür gesorgt, dass wohlhabende Eltern mit akademischem Hintergrund ihre Kinder lieber an weiter entfernte „schwedischere“Schulen schicken.
Der noch bis zum Ende der 1990er-Jahre sehr geringe Unterschied beim Notendurchschnitt der besten und schlechtesten Schulen in Schweden hat sich extrem vergrößert. Jahrelang wurden Problemschulen mit hohem Migrantenanteil finanziell stärker gefördert, ohne erkennbare Wirkung auf Leistung und Integration. Um die Noten von Migranten zu verbessern, haben mehrere Kommunen deshalb einen anderen Weg erprobt. Sie schlossen besonders leistungsschwache und zunehmend schlecht besuchte Bildungsanstalten, in die mehrheitlich Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund gingen.
Zweite Chance für 18-Jährigen
Die Schüler wurden auf andere Schulen verteilt, in denen die Mehrheit Schwedisch als Muttersprache hat. Die Direktoren achteten bei der Zusammenlegung darauf, dass die Durchmischung ausgewogen war, sodass mehr schwedische Muttersprachler in einer Klasse waren als Kinder mit Migrationshintergrund.
Der heute 18-jährige Darlin Musa war einer der Problemschüler. Ihm hat die Stilllegung seiner Schule, der Arabyskola im südschwedischen Växjö, eine zweite Chance eröffnet. Er hatte schlechte Noten, sorgte ständig für Streit und schreckte die Schulleitung mit angeblichen Bombendrohungen auf.
„An meiner Schule war so viel Chaos. Vor allem in den Pausen“, sagt er dem Sender SVT. Als die Schule 2011 stillgelegt wurde, kam er an eine andere Schule. Die Lehrer waren dort nicht so überfordert, das Lernklima besser, die neuen Mitschüler hatten einen guten Einfluss auf Darlin. Der Durchschnitt seiner Noten verbesserte sich von 75 Punkten auf 220. 320 Punkte gab es damals maximal.
„Brauchen Durchmischung“
Auch in Haninge bei Stockholm wurde die Jordbromalms-Grundschule geschlossen. Ihre Schüler hatten zu hundert Prozent Migrationshintergrund. Kinder und Lehrer wurden an andere Schulen verteilt. Auch an die nicht weit entfernte Ribby-Grundschule mit früher fast ausschließlich schwedischen Schülern. Nun hat sie 37 Prozent Ausländeranteil.
„Wir brauchen gemischte Schulen, haben Studien gezeigt. Je homogener eine Schule ist, desto verbreiteter sind psychischen Probleme bei den Schülern, ihr Stress, dort in die Norm hineinpassen zu müssen“, behauptet Lina Axelsson Kihlblom, Grundschulchefin in Haninge, gegenüber der „Presse“. „Geld allein reicht nicht. Sie können, etwas überspitzt gesagt, 100 neue Lehrer an einer Problemschule anstellen, und die Noten und das Umfeld, die Integration, werden trotzdem nicht viel besser.“
Im Auftrag der Regierung hat sie ein Dokument verfasst, das Schulen anhalten soll, darauf zu achten, dass Schüler einer Schule und Klasse aus allen ethnischen und sozialen Gruppen bestehen. Zwang dazu soll es aber nicht geben, nur eine Aufforderung.