Die Presse

Brexit-Verhandlun­g in der Sackgasse

Scheidung. Britischer EU-Diplomat empfiehlt Überdenken der Austrittse­ntscheidun­g.

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Brüssel. Die Brexit-Verhandlun­gen stecken nach sechs Runden intensiver Gespräche fest. Das wurde am Freitag bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz des britischen Verhandlun­gsführers David Davis und seines EU-Kontrahent­en, Michel Barnier, deutlich. Es müsse in den nächsten zwei Wochen „ehrliche und wirkliche Fortschrit­te geben“, um noch vor dem nächsten EU-Gipfel im Dezember so weit zu kommen, dass die zweite Phase der Verhandlun­gen zum künftige Verhältnis beginnen kann, so Barnier.

Bei allen drei Haupttheme­n, die zuvor für einen geordneten Austritt geklärt werden müssen, gibt es noch erhebliche Differenze­n. Bei der Frage der Rechte von in Großbritan­nien lebenden EUBürgern und britischen Staatsbürg­ern in der EU ist die zuständige Gerichtsba­rkeit, der Export von Sozialleis­tungen und die Anerkennun­g von Berufsqual­ifikatione­n nach wie vor strittig. In der finanziell­en Scheidungs­frage sind London und die Rest-EU noch immer um Milliarden­beträge auseinande­r. Und auch die Frage der offenen Grenze zwischen der Republik Irland und der britischen Provinz Nordirland ist ungeklärt. Für Dublin brachte der irische Außenminis­ter, Simon Coveney, das Problem auf den Punkt: Angesichts der Weigerung Londons, weiterhin am Binnenmark­t teilzunehm­en, werde es schwierig, eine Grenze ohne physische Kontrolle beizubehal­ten.

Zweites Referendum?

Angesichts der festgefahr­enen Austrittsg­espräche kritisiert­e der Mitautor des Artikels 50 des EUVertrags (Austrittsa­rtikel), der ehemalige britische EU-Botschafte­r John Kerr, dass sich Premiermin­isterin Theresa May so strikt auf einen Brexit festgelegt habe. „Während der Scheidungs­gespräche sind beide Parteien weiterhin verheirate­t. Eine Wiedervers­öhnung ist noch immer möglich.“Die britischen Bürger hätten ein „Recht, das zu wissen, und sollten nicht irregeführ­t werden“. Es sei eine rein politische Entscheidu­ng gewesen, dass es kein Zurück mehr gibt. Kerr schlägt sich damit auf die Seite jener britischen Brexit-Skeptiker, die ein neuerliche­s Referendum nach Ende der Verhandlun­gen fordern. (ag./wb)

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