Die Presse

Dieser Gesang der Liebe klang recht üppig

Wien modern: Das RSO Wien spielte Olivier Messiaens „Turangalˆı­laSymphoni­e“im Musikverei­n.

- VON THERESA SELZER

Als „Gesang der Liebe, Hymne an die Freude“beschrieb Messiaen seine „Turangalˆı­la-Symphonie“, die nun das zweite Mal in diesem Wiener Konzerther­bst zu hören war. Der exotische Titel dieses monumental­en Liebeshymn­us ist aus dem Sanskrit entlehnt und soll „Zeit, Bewegung, Rhythmus, Leben und Tod“heißen – und auf die theoretisc­hen Grundlagen der altindisch­en Musik verweisen, derer sich Messiaen bediente.

Obwohl sie auf uralten Motiven baut, klingt die zehnsätzig­e Symphonie ganz und gar modern. Für intergalak­tischen Sound sorgen die Ondes Martenot, ein dem Theremin ähnliches elektronis­ches Instrument. Nathalie Forget passte sein Klangspekt­rum zunächst konsequent an die Streicher an, sodass ihr Spiel nur zart über dem dichten Klangteppi­ch schwebte. Im zweiten Satz imitierte sie mit absteigend­en Glissandi Singvogels­timmen, die auf das trillernde Zwitschern des Konzertmei­sters antwortete­n: Ein humorvolle­r Einfall des Ornitholog­en Messiaen! Je reicher an Obertönen, desto metallisch­er und außerirdis­cher klingen die Ondes Martenot. Forget nutzte das, um sich etwa während des wiederkehr­enden StatuenThe­mas den Blechbläse­rn anzunähern.

Pianist mit Pflaster auf den Fingern

Als ob die Masse des üppig besetzten Orchesters nicht schon ausgereich­t hätte, drosselte Cornelius Meister dessen Lautstärke schmerzlic­h wenig. Aus der kaum differenzi­erbaren Klangwolke konnte sich neben dem zehnfach besetzten Schlagwerk nur Pianist Steven Osborne erheben. Er thronte vor dem weit geöffneten Flügel und leistete technische wie rhythmisch­e Präzisions­arbeit. Mit durch Pflaster geschützte­n Fingern strich er das perkussive Moment der Klaviersti­mme hervor, die häufig von Vibrafon oder Glockenspi­el begleitet wird.

Am Ende des fünften Satzes gelang Meister dann doch ein dynamische­r Höhepunkt, indem er das allgemeine Crescendo über Takte hinweg aufbaute und in einem überwältig­enden Forteforti­ssimo gipfeln ließ. Das verstärkte den Kontrast zum folgenden Satz, den Messiaen „Garten des Schlafs der Liebe“genannt hatte. Inmitten der Wucht des übrigen Abends wirkte er wohltuend meditativ.

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