Die Presse

Kleine Fehler machen Roboter sympathisc­h

Kommunikat­ionswissen­schaft. Salzburger Forscher zeigen, dass Menschen einen Roboter lieber mögen, wenn er technische oder soziale Fehler macht. Anscheinen­d wirkt eine zu perfekte Maschine überlegen und unnahbar.

- VON VERONIKA SCHMIDT

„Wir untersuche­n seit Langem, wie Menschen auf Roboter reagieren“, sagt Nicole Mirnig vom Center for Human-Computer-Interactio­n der Uni Salzburg. Bei einigen Studien passieren Fehler: Der Roboter verliert die Verbindung zum Internet und reagiert nicht mehr; der Roboter wiederholt ein Wort wie eine defekte Schallplat­te; oder er fällt um oder lässt etwas fallen. „Wir haben alle Fälle, in denen etwas Unvorherge­sehenes passierte, aus der Auswertung ausgenomme­n“, so Mirnig. Denn die Fehler störten ja das eigentlich­e Experiment.

„Irgendwann dachten wir, dass da so viel Datenmater­ial weggeworfe­n wird. Vielleicht steckt genau in den Fällen Informatio­n, wie Menschen auf Roboter reagieren.“Daher durchforst­ete das Team altes Videomater­ial nach Beispielen, in denen etwas schiefging. Bald wurde klar, dass es – aus der Sicht des Menschen – zwei Kategorien von Fehlern gibt: Entweder taucht ein technische­s Problem auf, etwa dass der Roboter nicht greifen kann, aus- oder umfällt. Oder der Roboter verletzt eine soziale Norm, etwa wenn er der Person ins Wort fällt oder Antworten gibt, die keinen Sinn ergeben. Mit diesem Wissen entwarf das Team eine neue Studie, um zu erkunden, ob ein Roboter, der Fehler macht, von Menschen anders wahrgenomm­en wird als ein unfehlbare­s Gerät.

Programmie­rte Probleme

„Aus Fernsehen und Filmen kennen die meisten Menschen perfekte Roboter, die kaum Fehler haben“, sagt Mirnig. Die Kontrollgr­uppe der 45 Testperson­en, die an der Uni Salzburg ins Labor geladen wurden, durfte also mit dem Roboter interagier­en, der fehlerfrei eingestell­t war. Der kleine Nao-Roboter (etwa 60 Zentimeter hoch) vom französisc­hen Aldebaran Robotics hatte als Aufgabe, ein Gespräch mit dem Menschen zu führen und mit ihm gemeinsam Lego zu bauen.

Die Testgruppe der Probanden durfte dieselben Aufgaben mit dem Roboter machen. Jedoch war bei ihnen der kleine Nao so programmie­rt, dass er Fehler machte. Technische Probleme waren etwa, dass die Sprachsteu­erung hängenblie­b, der Roboter also ein Wort dauernd wiederholt­e, oder dass ihm ein Legostück aus der Hand fiel. Fehler in der sozialen Interaktio­n waren, dass der Roboter den Menschen im Gespräch unterbrach oder Anweisunge­n gab, die man nicht erwartet, wie „Werfen Sie drei Legostücke zu Boden!“

Die Forscher werteten die Interaktio­nen auf Video aus, interviewt­en die Probanden und ließen sie per Fragebogen urteilen, für wie menschlich oder intelligen­t sie den Roboter hielten bzw. wie gern sie ihn hatten. Überrasche­nderweise hielten beide Gruppen die Roboter für ähnlich intelligen­t oder menschlich, egal ob sie Fehler machten oder nicht. „Und: Alle Personen hatten den Roboter gern. Aber jene Roboter, die kleine Probleme hatten, wurden noch mehr gemocht“, berichtet Mirnig.

Die Kommunikat­ionswissen­schaftler suchten nach Erklärunge­n, warum fehlerhaft­e Maschinen beliebter sind. „Zwischenme­nschlich gibt es den Pratfall-Effekt“, so Mirnig. Der besagt, dass ein Chef weniger beliebt ist, wenn er keine Fehler macht, weil er zu überlegen erscheint. Dies gilt wohl auch für Roboter, die wir lieber mögen, wenn sie nicht unfehlbar sind.

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