Lieben Sie Bachramow?
DWer traf wen? Wem folgte der Politiker heuer nach? Der jüngste Roman des Autors?
Qie Linientreuen stehen oft im Schatten der öffentlichen Aufmerksamkeit, kaum kennt man sie überhaupt, schon gar nicht merkt man sich ihren Namen über längere Zeit. Und doch können sie manchmal sehr wichtige Entscheidungen treffen und sind dadurch äußerst gefährdet, wenn der Volkszorn einmal überkocht, weil sie den verärgerten Massen ja näher sind als ihre eigentlichen Chefs, denen oft wütende Chöre versichern, sie wüssten, wo deren Autos stehen. Ein Vertreter der linientreuen Spezies allerdings hat sich unseren nordwestlichen Nachbarn dermaßen ins Gedächtnis eingeschrieben, dass sein Name auch noch nach Jahrzehnten für Gesprächsstoff bei zwei Prominenten sorgte.
Vor zehn Jahren hatte der deutsche Außenminister zu einer Lesung ins Auswärtige Amt geladen; der in der DDR aufgewachsene Schriftsteller präsentierte da sein neues Buch: „Schiedsrichter Fertig“. Darin vertrat er die These, dass selbst die obersten Entscheidungsträger im Fußball der Nachwelt nur dann in Erinnerung bleiben, wenn sie eklatante Fehlentscheidungen treffen. Klar, dass die Rede da alsbald auf das „Wembley-Tor“, das 3:2 für England durch Geoff Hurst, gegen die BRD in der Verlängerung des Finales der Fußball-Weltmeisterschaft 1966 kam. Drin oder nicht drin, das war nun sofort wieder die Frage.
Der Schiedsrichter aus der Schweiz hieß Dienst, das wussten noch viele im Publikum und auch die beiden Promis. Doch wie, verflixt noch einmal!, hieß der wirklich Schuldige – der Seitenwachler, der seinem Boss „Tor!“signalisiert hatte? Der Politiker musste passen, der Autor wusste selbstverständlich den Namen: Der sowjetische Linienrichter Tofik Bachramow sei es gewesen. Gut, 1966 herrschte noch der Kalte Krieg, und die Sowjets waren allgemeines Feindbild. Doch welcher Landsmann war dieser Herr Tofik Bachramow wirklich?
Der Autor tippte auf Georgier, denn immerhin war der SU-Diktator Josef Stalin ja auch einer. Der Politiker wusste es – kraft seines Amtes – besser: „Bachramow war ein Aserbaidschaner!“Er war erst vor einigen Monaten auf Staatsbesuch in Baku gewesen, wo der mittlerweile verstorbene Linienrichter bereits im Grab lag. Remis bei den Fußball-Kenntnissen!