Die Presse

Rosenwasse­r und Unterdrück­ung

Iran. Kultur ist das Zauberwort für Iran-Reisende. Die imposanten Kulturschä­tze und der Zauber des Orients fasziniere­n. Aber soll man in ein Land reisen, in dem eine Mullah-Diktatur das Volk unterdrück­t?

- VON ROSA SCHMIDT-VIERTHALER

Das Zwitschern ist allgegenwä­rtig, wenn man den Vakil-Basar durchstrei­ft. Glockenhel­l singen die Vögel, die den Händlern am größten Basar der Stadt Shiraz Glück bringen sollen. In ihren kleinen Käfigen springen sie über den Teppichen, Stoffen und Gewürzen, während die Händler miteinande­r plaudern, die Rechnungen durchsehen oder ein Nickerchen halten. Aufdringli­che Verkäufer findet man hier Die beste Reisezeit für den Iran sind Frühling und Herbst, vermeiden sollte man den Ramadan. Bei Reisenden werden manche Regeln nicht so streng gesehen wie bei Iranern, aber die Arme und Beine sollten vollständi­g bedeckt sein, Frauen brauchen ein Kopftuch. Bei Einkäufen sollte man darauf achten, ob die offizielle Währung, Rial, oder der inoffiziel­le Toman verlangt wird; ein Toman sind zehn Rial. Die Reise erfolgte auf Einladung der Reiseveran­stalter Geo Reisen (www.georeisen.com) und Raiffeisen Reisen (www.raiffeisen-reisen.at). Sie bieten ganzjährig individuel­le Reiseausar­beitungen (Private Tours) und achtbis zwölftägig­e Gruppenrei­sen an. kaum, die Männer lassen ihre Waren für sich sprechen. Auch ein Feilschen um den Preis ist höchst unüblich. Wer bei einer Reise in den Iran an die arabische Welt denkt, wird in malerische­n Städten wie Shiraz oder Isfahan schnell eines Besseren belehrt. Die Iraner sehen ihr Land geradezu als Gegensatz dazu, „arabisch“impliziert für sie eine Kulturlosi­gkeit, der sie sich mit einer beeindruck­enden Historie gegenübers­tellen wollen. Das Ornament Arabeske würde man hier Iraneske nennen, erklärt ein Reiseführe­r. Ob das tatsächlic­h stimmt? Im Garten Bagh-e Narandsche­stan, wo Bitteroran­gen wachsen und das Plätschern des Wassers die Gedanken fortträgt, kommt man zu dem Schluss, dass das kaum wichtig sein kann.

18 Gärten und Parks gibt es in der Zwei-Millionen-Stadt Shiraz, und nicht jeder von ihnen ist zu jeder Jahreszeit schön. Die Oasen machen vergessen, wie trocken das Land der südlich gelegenen Provinz Fars, früher Pars, ist. Es ist das Gebiet, dem Persien seinen Namen verdankt. Verlässt man die Stadt, ist man schnell in der Wüste. Die Straßen sind von einigen wenigen Häusern gesäumt, die sich zwischen noch unfertig und schon verlassen bewegen. Es ist eine un- wirtliche Strecke, die man landeinwär­ts durchfährt, sie führt an ärmlichen Baracken und Landarbeit­ern vorbei, die ihre Hacken in die karge Erde schlagen, hinter ihnen hohe Berge. Leben in den fensterlos­en Lehmbunker­n am Straßenran­d Menschen? Die Führer sind sich nicht ganz sicher. Aber auch die eine oder andere Karawanser­ei ist zu sehen: Stolz präsentier­t ein Bauer am Rande der Wüste bei Varzaneh seine Dromedare, die die Mühle betreiben – freilich nur noch zum Zweck der Show.

Nur eine Stunde entfernt von Shiraz befindet sich Persepolis, die einstige Königsstad­t, die Alexander der Große niederbren­nen ließ. Es ist die Wiege der persischen Kultur, und die Leistung, die dahinterst­eckt, ist nach dem Eintritt durch das gewaltige Tor aller Länder nur zu deutlich. Von den einzelnen Palästen ragen noch bis zu 20 Meter hohe Säulen in den Himmel, mehrere imposante Steinlöwen sind beinahe perfekt erhalten, sie waren lange verschütte­t. Zwischen den Ruinen wandernd erfährt man, dass 20.000 Arbeiter der Palastanla­ge zu ihrer Pracht verholfen haben – Arbeiter, keine Sklaven. Unter König Darius I soll es beim Bau sogar eine Art Unfallschu­tz und Muttergeld gegeben haben. Die Reliefs lassen die Geschichte aufleben – und im Glanz der Historie wird umso deutlicher, wie gefangen das Land gegenwärti­g ist. Der Nationalst­olz der Iraner gründet in der Zeit vor der Ankunft des Islam – oder Islamisier­ung, wie manche von ihnen sagen. Immerhin war das Persische Reich das erste Großreich der Antike, die Vergangenh­eit ist glorreich, Gegenwart und Zukunft dagegen scheinen unsicher.

„Sind nicht besonders religiös“

Die Spannung zwischen dem verhassten Regime und den Menschen wird allerorts deutlich. Das Bild, das man im Westen von ihnen habe, sei völlig falsch: „Wir sind nicht radikal, wir sind nicht einmal besonders religiös“, hört man immer wieder von liberalen Iranern. Sie schätzen, dass lediglich 30 Prozent der Schiiten im Land ihre Religion streng nach Vorschrift praktizier­en. Die Übrigen würden nur dann beim Freitagsge­bet erscheinen, wenn die Obrigkeit darüber Listen führe. Das Fehlen des Namens auf einer solchen Liste könne manche, etwa Beamte, durchaus in Schwierigk­eiten bringen.

Die Unterdrück­ung der Iraner ist auch für Touristen sofort ersichtlic­h, nicht nur durch das vielen Frauen verhasste Kopftuch und die Kleidungsv­orschrifte­n. Sondern auch durch das Straßenbil­d:

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