Viele kleine Depots für viele kleine Pakete
Logistikimmobilien. Developer müssen umdenken: Der Onlinehandel ist dabei, das Marktsegment grundlegend zu verändern.
Aus dem Mauerblümchen ist ein stolzer Schwan geworden. Führten Logistikimmobilien einst ein Schattendasein, zählen sie heute zu begehrten Objekten von Investoren und Developern. In Deutschland etwa wurde in den ersten drei Quartalen des heurigen Jahres um 145 Prozent mehr investiert als im Vergleichszeitraum 2016. 6,67 Milliarden Euro flossen laut BNP Paribas Real Estate in diese Assetklasse.
Nicht ganz so gut läuft es in Österreich, aber auch hierzulande sehen die Experten eine durchaus positive Entwicklung. „Lange wurden Logistik-Immobilien im Vergleich zu den benachbarten CEELändern stiefmütterlich behandelt. Aber jetzt zeichnet sich eine andere Sichtweise ab“, freut sich etwa Andreas Liebsch, Geschäfts- führer des österreichischen Logistik- und Gewerbeimmobiliendevelopers go asset. Ein Grund für diese Entwicklung: Flexibilität ist gefragt, viele Logistiker gehen dazu über, nicht mehr eigene Hallen für die Ewigkeit zu bauen, sondern moderne Flächen entsprechend dem aktuellen Bedarf zu mieten.
Hohe Renditen
Auf Investorenseite zeigt sich bei uns wie in anderen europäischen Ländern ebenfalls ein deutlich gestiegenes Interesse, weiß Tina Steindl von Otto Immobilien: „Internationale institutionelle Anleger, aber auch private Anleger aus Österreich wie Stiftungen fragen vermehrt nach Gewerbe- und hier besonders nach Logistikimmobilien.“Kein Wunder: Die Renditen in diesem Bereich liegen mit 5,75 bis acht Prozent in Wien und sechs bis acht Prozent in den Bundesländern teilweise deutlich über den Erträgen, die sich am Wohnungssektor erzielen lassen.
Ein wesentlicher Treiber der Entwicklung ist der Online-Handel. Die Zahl der versendeten Pakete soll sich nach Erwartung von Experten innerhalb von drei bis vier Jahren verdoppeln. Dazu kommt, dass die Kunden von Amazon & Co nicht Tage warten wollen, sondern im Idealfall noch am selben Tag beliefert werden möchten. Große, länderübergreifende Verteilerzentren alleine, wie man sie bisher kannte, sind hierfür keine optimale Lösung mehr. Bulwiengesa, ein in den Bereichen Regionalökonomie und Immobilienberatung tätiges europäisches Beratungsunternehmen, sieht als Lösungsansatz ein kaskadenförmiges System von Lagern mit drei verschiedenen Größen innerhalb der Städte. „In den Zentren wird es unzählige Mikrodepots geben, von denen Fahrradkuriere oder Elektrofahrzeuge mit ihren Paketen ausschwärmen“, erläutert Tobias Kassner, Autor der bulwiengesaStudie „Logistik und Immobilien 2017“. Nächste Stufe sind, so Kassner, Micro-Fulfilment- und Urban Fulfilment-Center. Außerhalb der Kernstadt werden deutlich größere, sogenannte E-FulfilmentCenter stehen.
Suche nach neuen Konzepten
So zumindest die Theorie. „Konkrete Antworten müssen sowohl von der Immobilien- als auch von der Logistik-Wirtschaft noch gefunden werden“, meint Kassner. Er kann sich auch leer stehende Geschäftslokale für Mikrodepots und für Micro-Fulfilment-Center vorstellen, ebenso völlig neue bauliche Lösungen mit gemischter Nutzung, etwa Flächen für Logistikdepots, Einzelhandel und Büros, darüber Wohnungen: „In diese Richtung muss stärker gedacht werden. Derzeit sind viele Developer noch primär auf große Objekte vor den Toren der Stadt fokussiert“, meint der Experte. Liebsch glaubt, die Voraussetzungen hierfür in Wien bereits vorzufinden: „Die Stadt Wien hat mit dem gemischten Gewerbebetrieb bereits die Voraussetzungen für solche Widmungen geschaffen.“Besonders geeignet dafür sind seiner Meinung nach Stadtentwicklungsprojekte. Der Experte betont aber, dass es kein generelles Patentrezept für CityLogistik-Immobilien geben wird: „Die Bebauung, die Verkehrsdichte, die Verfügbarkeit von Grundstücken und Immobilien und die Wirtschaftlichkeit werden zu unterschiedlichen Lösungen führen.“
Innovative Pilotprojekte
Gearbeitet wird an neuen Lösungen bereits intensiv, weiß Steindl von Otto Immobilien. „Alle Betei- ligten, von den Logistikunternehmen über die Developer bis hin zu Stadtentwicklungsexperten beschäftigen sich mit dem Thema.“Der Trend zu urbanen Logistikimmobilien sei bereits erkennbar. Als Beispiel nennt sie das Projekt Segro-Park in Wien Liesing, der auch für Logistikbetriebe ideale Voraussetzungen bietet. In der Seestadt Aspern setzte DPD durch einen City Hub, der Paketshop, lokaler Umschlagplatz und Lagerstandort zugleich ist, ein Zeichen für innovative Lagerimmobilien im urbanen Raum. Und in der Nähe des Wiener Flughafen will die Deutsche Logistik Holding (DLH), ein Unternehmen der Zech Group, auf 30 Hektar einen Logistikpark mit insgesamt 170.000 Quadratmeter errichten, das größte derartige Projekt in Österreich.