Was dürfen Perchten?
Brauchtum. Immer wieder kommt es bei Krampusumzügen und Perchtenläufen zu Übergriffen, bei denen auch Zuschauer verletzt werden. Veranstalter treffen Vorkehrungen, um solche Fälle zu verhindern – und auch das Recht setzt Grenzen.
Das Recht setzt Perchten und Krampussen eindeutige Grenzen.
Wien. Seit dem 11. November sind die Perchten wieder unterwegs – und schon gibt es Meldungen über Zwischenfälle, bei denen Zuschauer von den verkleideten Figuren verletzt wurden. Gewalt und Exzesse gehören – wenn auch nur vereinzelt – zu den ständigen Begleitern dieser Veranstaltungen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema. 1 Welche Vorfälle gibt es bei den Umzügen von Perchten? Es sind vor allem junge Männer, die in ihren Kostümen mit Ruten Zuschauer der Umzüge erschrecken, zum Teil verfolgen und dann auch schlagen. Zuletzt erlitt etwa in Magdalensberg in Kärnten ein 23-Jähriger deswegen starke Prellungen am Knie. Zuvor war es in Völkermarkt bei einem Perchtenlauf zu Tumulten gekommen – ein Bursch wurde mit einer Rute im Gesicht verletzt, ein Mädchen brach sich einen Finger, als es auf der Flucht vor den schlagenden Krampussen stürzte. 2 Gelten für Perchten Regeln, die ihnen Schläge erlauben? Nein. Nur weil es manche Krampusumzüge und Perchtenläufe als Tradition sehen, ist es noch lange nicht rechtlich erlaubt, dass die verkleideten Figuren Zuschauer bei einer Attacke womöglich verletzen. Es gelten die allgemein gültigen Rechtsvorschriften – wird also jemand etwa durch den Schlag mit einer Rute verletzt, kann man wie bei jedem anderen Fall auch eine Anzeige wegen Körperverletzung einbringen – und die Person hinter der Maske müsste sich auf die gleiche Weise dafür verantworten, als wäre der Vorfall abseits der Veranstaltung geschehen. Ein Problem besteht allerdings darin, dass die Masken eine gewisse Anonymität erlauben und damit eine Strafverfolgung unter Umständen schwierig wird. 3 Greift das neue Verhüllungsverbot auch bei Perchtenläufen? Nein. Das am 1. Oktober 2017 in Kraft getretene Antigesichtsverhüllungsgesetz definiert Ausnahmen – Perchtenumzüge bzw. Krampusläufe nehmen dabei eine geradezu exemplarische Stellung ein. Laut Gesetz liegt ein Verstoß nicht vor, „wenn die Verhüllung (. . .) der Gesichtszüge (. . .) im Rahmen künstlerischer, kultureller oder traditio- neller Veranstaltungen“erfolgt. Auf einem Folder des Innenministeriums läuft eine Percht zwar prinzipiell unter der Rubrik „verboten“– es wird aber darauf hingewiesen, dass Brauchtumsveranstaltungen vom Verbot ausgenommen sind. Schlagend würde das Verbot erst, wenn etwa jemand stur von Faschingsbeginn bis zum Aschermittwoch als Krampus geht – dann muss er damit rechnen, Verwaltungsstrafen von je bis zu 150 Euro zu bekommen. 4 Was tun Organisatoren, um das Problem der Gewalt zu lösen? Die Veranstalter von Perchtenläufen haben bereits wegen zum Teil früherer Vorfälle reagiert und Maßnahmen getroffen. So werden etwa die rund 800 Perchten beim Schladminger Krampuslauf am 25. November mit einem Gitterkorridor von den Besuchern getrennt. Auch müssen sich die Teilnehmer vor der Veranstaltung eine Nummer holen, anhand der sie identifiziert werden können. Vor dem Beginn des Umzugs wird außerdem kontrolliert, ob die Perchten verbotene Dinge bei sich tragen – etwa Metallketten oder Eisenstangen. Sicherheitsvorkehrungen wie diese gelten mittlerweile bei vielen Veranstaltungen. Auch appellieren Organisatoren an die Teilnehmer, auf Alkohol zu verzichten – gerade angetrunkene junge Männer gelten als größte Gefahr bei solchen Events. 5 Was steckt eigentlich hinter den Perchtenläufen? Die Umzüge, wie wir sie heute erleben, sind laut der Ethnologin Helga Maria Wolf ein recht junges Phänomen, das in den 80er- und 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts entstand, initiiert häufig von Sportoder Burschenvereinen. Altes Brauchtum seien die Perchtenläufe jedenfalls nicht. Wurzeln dafür gibt es mehrere, etwa die Frau Perchta, eine Sagengestalt aus dem Salzburgischen, die Häuser kontrollierte – auf der einen Seite beschenkte diese Figur Kinder, auf der anderen übte sie soziale Kontrolle über die Hausfrauen aus.
Auch Krampusumzugsspiele gab es schon im Mittelalter, bei denen der Kampf zwischen Gut und Böse mithilfe von Figuren dargestellt wurde. Dass Perchten den Winter austreiben sollen, so Wolf, sei dagegen eine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Und dass es sich um einen heidnischen, keltischen Brauch handle, stimme auch nicht. Und was den Zeitraum der Perchtenläufe angeht: Eigentlich bezieht sich das Wort Percht auf Epiphanie, den Abend vor dem Dreikönigstag – dass heute schon mit dem 11. November die Umzüge beginnen, habe laut Wolf vor allem damit zu tun, dass man so mehr – kommerziell nutzbare – Veranstaltungen unterbringen kann.