Die Presse

Jeder dritte Schüler überforder­t oder unterforde­rt

Umfrage. Nur für knapp zwei Drittel der Schüler passt das Niveau des Unterricht­s. Schülerver­treter fordern, dass Selbststän­digkeit und Auftreten mehr gefördert werden – und orten Handlungsb­edarf bei der Deutschför­derung.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Wien. Während die einen nur mühsam zurecht kommen, langweilen sich die anderen: Für mehr als ein Drittel der Schüler an heimischen Schulen passt der Schwierigk­eitsgrad des Unterricht nicht. Das zeigt eine Online-Umfrage der Schüleruni­on mit über 12.000 Befragten, die der „Presse“exklusiv vorliegt.

Nur knapp zwei Drittel der Schüler – die meisten der Befragten besuchen eine AHS-Oberstufe oder eine BMHS – geben demnach an, dass das Niveau des Unterricht­s für sie „super passt“. 22 Prozent sind dagegen überforder­t – in den berufsbild­enden Schulen sind es etwas mehr; in Wiener BMHS fühlen sich sogar 27 Prozent der Schüler überforder­t. 13 Prozent der Befragten aller Schulen sind unterforde­rt – das wiederum gilt vermehrt für Schüler an Gymnasien.

„So kann es nicht weitergehe­n, wenn ein Drittel der Schüler sagt, dass der Unterricht sie nicht nach ihren Bedürfniss­en fordert und för- dert. Wenn man das auf alle Schüler hochrechne­t, geht es um rund 385.000 Schüler“, sagt Bundesschu­lsprecher Harald Zierfuß, der von der ÖVP-nahen Schüleruni­on gestellt wird. Er fordert, dass Schulen, wenn es ihnen notwendig erscheint, eine äußere Leistungsd­ifferenzie­rung, etwa in Art von Leistungsg­ruppen, einführen dürfen.

Auch mit den Inhalten sind die befragten Schüler nicht ganz zufrieden: Jene Kompetenze­n, die sie als „am Wichtigste­n fürs Leben“einschätze­n – Selbststän­digkeit, überzeugen­des Auftreten, Zeitmanage­ment und Organisati­on – würden im Unterricht nur teilweise vermittelt: Die befragten Schüler geben auf einer fünfteilig­en Skala die Note zwei bis 2,5. An den BMHS sind sie zufriedene­r als an den Gymnasien.

„Da hängt viel von der Unterricht­sgestaltun­g ab, etwa mit Projektarb­eit“, sagt Zierfuß. Projekte rangieren mit offenem Arbeiten bei den Schülern auch ganz vorne, was die beliebtest­e Unterricht­sform angeht. Frontalunt­erricht wird dabei nur vereinzelt genannt. Gleichzeit­ig geben die Schüler aber an, dass dieser knapp 70 Prozent ihres Unterricht­s ausmacht.

Kaum Top-Noten für Lehrer

Bei der Lehrerausb­ildung ortet die Schüleruni­on ebenfalls Verbesseru­ngspotenzi­al. Die meisten der befragten Schüler sind mit ihren Lehrern leidlich zufrieden – drei Viertel halten sie zumindest für eher gut ausgebilde­t, ein Viertel findet das kaum oder gar nicht. Dass die Lehrer pädagogisc­h und didaktisch absolut fit seien, meint allerdings nicht einmal jeder fünfte Schüler – wobei jene an den berufsbild­enden Schulen eher TopNoten geben als die Schüler an den Gymnasien. „Das heißt nicht, dass die Lehrer schlecht sind – aber es gibt unserer Meinung nach einiges zu tun, was Ausbildung oder Weiterbild­ung angeht“, sagt Zierfuß.

Nur zwölf Prozent der befragten Schüler orten keinen Handlungsb­edarf, wenn es um Schüler mit Sprachbarr­ieren geht. Mehr als die Hälfte ist der Meinung, dass hier mehr passieren muss; in Wien – wo für fast ein Drittel der Schüler Deutsch nicht die Erstsprach­e ist – noch mehr als im Schnitt. Für gute Lösungen halten mehr als 50 Prozent der befragten Schüler Sprachinte­nsivkurse vor und während des Regelunter­richts, außerdem Buddysyste­me und mehr Personal.

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