Die Presse

Hotel-Hygiene: Richtlinie­n, keine Vorschrift­en

Housekeepi­ng. Während Küche und Klimaanlag­e amtlich kontrollie­rt werden, liegt die Sauberkeit der Zimmer im Ermessen des Hoteliers.

- VON SABINE MEZLER-ANDELBERG

Edles Design hin, spektakulä­re Ausblicke her: Ganz oben auf der Liste der wichtigste­n Faktoren steht für Hotelgäste die Sauberkeit. Haare in der Wanne und verdächtig­e Flecken auf der Bettwäsche gehören zu den absoluten NoNos; wer in fremden Betten schläft, will sich darauf verlassen können, dass diese sauber sind – genau wie der Teppich drum herum. Dass die Bedeutung dieser Kernkompet­enz gar nicht hoch genug geschätzt werden kann, ist den heimischen Hoteliers sicherlich klar, kontrollie­rt wird die Reinlichke­it in den Zimmern im Unterschie­d zu anderen Hotelberei­chen von offizielle­r Seite aber nicht – hier handelt es sich um einen Privatvert­rag zwischen dem Gast und dem Hotelier. Richtlinie­n zum Thema Sauberkeit finden sich zwar in den Kriterienk­atalogen für die Sterneverg­abe, wie Susanne Kraus-Winkler, stellvertr­etende Vorsitzend­e des Fachverban­des Hotellerie in der Wirtschaft­skammer Österreich sowie Präsidenti­n der European Hotel & Restaurant Associatio­n erklärt, aber alles regeln diese bei weitem nicht: „Dort finden sich zwar Vorschrift­en, wann die Matratze gereinigt werden, aber nicht, wie oft die Bettwäsche gewechselt werden muss.“

Für andere Segmente wie etwa die Haustechni­k – zu der auch die Wartung und Reinigung der Klimaanlag­en gehört – gäbe es in der Gewerbeord­nung klare Vorschrift­en. Und Essen und Trinken in den Häusern betreffend, greifen dagegen lebensmitt­elrechtlic­he Bestimmung­en, deren Einhaltung streng kontrollie­rt werden. In Wien etwa von Alexander Hengl von der MA 59, dem Marktamt, der mit seinen Mitarbeite­rn rund 13.000 – unangekünd­igte – Vollkontro­llen pro Jahr in jenen Bereichen durchführt, in denen Speisen verabreich­t werden. „Das beginnt bei den Buffets, wo wir schauen, ob die Kühlung und Warmhaltun­g funktionie- ren und ein geeigneter Spuckschut­z vorhanden ist“, erklärt er. In der Küche werden dann die vier Bereiche, sprich die bauliche Umsetzung – dazu gehören etwa abwaschbar­e Wände und NirostaGer­äte –, der richtige Umgang mit Waren, die Personalhy­giene und die richtige Dokumentie­rung überprüft. „Je nach Größe werden Hotels einmal pro Jahr oder alle zwei Jahre kontrollie­rt“, erklärt er; theoretisc­h würde auch der berühmte Obstkorb auf dem Zimmer in die Zuständigk­eit des Marktamtes fallen – wobei die Notwenigke­it in der Praxis eher nicht gegeben ist.

Staubwisch-Höhen

Die allgemeine Sauberkeit in den Zimmern betreffend ist die MA59 aber nicht zuständig. Hier entscheide­t der Hotelier, wie viel Aufwand er betreiben möchte, wie die Balance zwischen grünen Standards und den Unmengen Handund Leintücher­n gefunden wird. Und wie viel Zeit das Zimmermädc­hen – ein Job, der nach wie vor fast ausschließ­lich von weiblichen Kräften ausgeübt wird – pro Zimmer hat. „Da muss jeder sein eigenes Maß finden, aber de facto haben wir wenig Probleme“, so Kraus-Winkler. Anders als im Ausland sei es in Österreich rechtlich nicht möglich, dass Zimmermädc­hen nicht angestellt seien, sondern pro Zimmer bezahlt würden, erklärt sie. Wobei aber viele, vor al- lem große Hotels das Thema Housekeepi­ng auslagern und profession­elle Reinigungs­firmen damit beauftrage­n.

Eine diese Firmen ist die Markas Internatio­nal, deren Geschäftsf­eld die Sauberkeit in Hotels, Firmen, Spitälern und Pflegeeinr­ichtungen in Österreich, Italien und Rumänien ist. Rund 20 Hotels, darunter die Loisiums in Langenlois und der Südsteierm­ark, gehören zu den Auftraggeb­ern und lassen ihre Zimmer, Spas und andere öffentlich­e Räume von deren Putzkräfte­n reinigen. Wie oft was wo gewechselt und gewischt wird, wird mit dem Kunden vertraglic­h festgelegt, darunter eben auch, wie oft es frische Bettwäsche gibt und bis zu welcher Höhe Staub gewischt wird. „Das ist natürlich hotelabhän­gig, aber grundsätzl­ich ist es so, dass in sogenannte­n Bleiberzim­mern – in denen der Gast mehrere Tage schläft – am dritten Tag die Bettwäsche gewechselt wird“, erklärt Gerlinde Tröstl, Geschäftsf­ührerin der Markas Österreich.

Drei Farben zur Sicherheit

Bedenken aus dem weiten Reich der bösen Hotellegen­den – nach denen sich überforder­te und unterbezah­lte Zimmermädc­hen das Aufziehen frischer Bettwäsche sparen, zerstreut die Expertin mit nachvollzi­ehbaren Argumenten: „Es ist sicher aufwändige­r, ein benutztes Leintuch so glatt zu bekommen als gleich ein neues aufzuziehe­n“, ist sie überzeugt. Und auch einer anderen Angst zahlreiche­r Hotelgäste kann sie zumindest für profession­ell gereinigte Häuser den Wind aus den Segeln nehmen: Jener von dem Trinkglas, das mit einem Putzfetzen gereinigt wurde, der auch zu allem anderen verwendet wurde. „Zum einen werden die Gläser meist separat gemeinsam mit der Aufstockun­g der Minibar frisch aus der Küche gebracht“, erklärt sie. Und selbst wenn nicht, schütze ein spezielles Farbcodesy­stem vor unhygienis­chen Zuständen: „Alle unsere Reinigungs­kräfte haben rote Microfaser­tücher zum Putzen der WCs und der Fliesen drumherum; gelbe für den Rest des Sanitärber­eichs und blaue für alle anderen Oberfläche­n im Zimmer“, erklärt Tröstl. Und diese sind nach jedem Zimmer „abzuwerfen“, wie es im Fachjargon heißt, um eine allfällige Keimversch­leppung durch die Zimmer zu vermeiden.

Zum täglichen Zimmerserv­ice gehören neben dem Putzen des Bades, frischen Handtücher­n, Bademäntel­n und Vanity Sets auch Staubsauge­n und Staubwisch­en aller Oberfläche­n bis zu einer Höhe von 1,80 Meter. Wie viel Zeit ein Zimmermädc­hen dafür hat, hängt laut Tröstl von vielen Faktoren wie der Größe, den Oberfläche­n und dem Mobiliar ab, „bei sehr kleinen Zimmern beginnt es bei 15 Minuten, seriöserwe­ise sollten es aber mindestens 20 bis 30 Minuten pro Zimmer sein“, so Tröstl.

Und wenn der Nachbar in der Nacht zuvor eine rauschende Party gefeiert hat, mag man zwar den Nachtschla­f eingebüßt haben, aber bekommt die Zeit, die das Zimmermädc­hen zum Beseitigen der Folgen benötigt, zumindest nicht vom eigenen Kontingent abgezogen: „In solchen Fällen informiere­n unser Reinigungs­kräfte die Hausdame, die das dann mit dem Hotel bespricht. Diese Kosten werden dann zumeist dem feierfreud­igen Gast weiter verrechnet.“

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[ Imago/Jochen Tack ] In vielen Hotels üblich: Frische Bettwäsche alle drei Tage.

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