Die Automatisierung wird zum Megaproblem
Gastkommentar. Die Politik hat die Dramatik der Entwicklungen in der Arbeitswelt noch nicht erkannt; sie verliert den Anschluss an die Moderne.
Die Wirtschaft boomt und sucht neue Mitarbeiter. Für das nächste Jahr werden in Deutschland 600.000 freie Stellen prognostiziert. Die jetzige Welt scheint zumindest in puncto Arbeitsplätze heil. Aber Vorsicht! Der Schein trügt. Wir stehen in Wirklichkeit am Beginn eines Paradigmenwechsels.
Digitalisierung und Robotertechnik werden sowohl die Arbeitswelt als auch die Gesellschaft innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte fundamental verändern. In dieser Frist werden nach Expertenschätzung die Hälfte aller Jobs, die heute noch von Menschen verrichtet werden, automatisiert sein. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wird es dann mit hoher Wahrscheinlichkeit überintelligente Maschinen und Millionen von überflüssigen Menschen geben. Nicht nur Fabrikarbeiter, auch Bürojobs und Akademiker werden davon betroffen sein.
Das wird das neue, große Sozialproblem unserer absehbaren Zukunft. Die politischen Parteien haben die Dramatik des Geschehens entweder noch nicht in vollem Umfang erkannt, oder sie verdrängen die Entwicklung. Politiker gefallen sich vornehmlich als Protagonisten des Fortschritts oder als Beschwichtiger von Ängsten. Die Antwort auf die unerbittlich heraufdämmernden Zukunftsfragen aber bleiben sie schuldig.
Vorzüge und Fallgruben
Digitalisierung und Robotertechnik haben extreme Vorzüge, aber auch enorme Tücken. Die Vorzüge sind: Entlastung von Arbeit; Übernahme von Dienstleistungen; Schaffung von Freiräumen und Bequemlichkeit verschiedenster Art; Produktion von Waren zu ökonomischeren Bedingungen, Erhö- hung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit.
Die Nachteile wiederum sind: Spaltung der Gesellschaft in eine Minderheit von hochqualifizierten Spezialisten und eine Mehrheit von arbeitswilligen, jedoch überflüssig gewordenen Personen, für die kein Jobangebot mehr besteht.
Diskutiert werden bisher unter dem Stichwort Industrie 4.0 fast ausschließlich die Vorzüge. Das Denken konzentriert sich einseitig auf den ökonomischen Nutzen und die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit. Nicht zur Diskussion gestellt werden hingegen die Fallgruben des technologischen und wissenschaftlichen Fortschritts.
Sowohl die bürgerlichen Parteien, als auch die Sozialdemokraten weichen diesem heißen Thema ängstlich aus. Damit versäumen sie freilich auch die Chance, ihr politisches Portefeuille zu erweitern, ihren Nutzen als ge-