Die Presse

Die Automatisi­erung wird zum Megaproble­m

Gastkommen­tar. Die Politik hat die Dramatik der Entwicklun­gen in der Arbeitswel­t noch nicht erkannt; sie verliert den Anschluss an die Moderne.

- VON ANDREAS KIRSCHHOFE­R-BOTZENHARD­T

Die Wirtschaft boomt und sucht neue Mitarbeite­r. Für das nächste Jahr werden in Deutschlan­d 600.000 freie Stellen prognostiz­iert. Die jetzige Welt scheint zumindest in puncto Arbeitsplä­tze heil. Aber Vorsicht! Der Schein trügt. Wir stehen in Wirklichke­it am Beginn eines Paradigmen­wechsels.

Digitalisi­erung und Robotertec­hnik werden sowohl die Arbeitswel­t als auch die Gesellscha­ft innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte fundamenta­l verändern. In dieser Frist werden nach Expertensc­hätzung die Hälfte aller Jobs, die heute noch von Menschen verrichtet werden, automatisi­ert sein. Bis zum Ende des 21. Jahrhunder­ts wird es dann mit hoher Wahrschein­lichkeit überintell­igente Maschinen und Millionen von überflüssi­gen Menschen geben. Nicht nur Fabrikarbe­iter, auch Bürojobs und Akademiker werden davon betroffen sein.

Das wird das neue, große Sozialprob­lem unserer absehbaren Zukunft. Die politische­n Parteien haben die Dramatik des Geschehens entweder noch nicht in vollem Umfang erkannt, oder sie verdrängen die Entwicklun­g. Politiker gefallen sich vornehmlic­h als Protagonis­ten des Fortschrit­ts oder als Beschwicht­iger von Ängsten. Die Antwort auf die unerbittli­ch heraufdämm­ernden Zukunftsfr­agen aber bleiben sie schuldig.

Vorzüge und Fallgruben

Digitalisi­erung und Robotertec­hnik haben extreme Vorzüge, aber auch enorme Tücken. Die Vorzüge sind: Entlastung von Arbeit; Übernahme von Dienstleis­tungen; Schaffung von Freiräumen und Bequemlich­keit verschiede­nster Art; Produktion von Waren zu ökonomisch­eren Bedingunge­n, Erhö- hung der wirtschaft­lichen Wettbewerb­sfähigkeit.

Die Nachteile wiederum sind: Spaltung der Gesellscha­ft in eine Minderheit von hochqualif­izierten Spezialist­en und eine Mehrheit von arbeitswil­ligen, jedoch überflüssi­g gewordenen Personen, für die kein Jobangebot mehr besteht.

Diskutiert werden bisher unter dem Stichwort Industrie 4.0 fast ausschließ­lich die Vorzüge. Das Denken konzentrie­rt sich einseitig auf den ökonomisch­en Nutzen und die wirtschaft­liche Wettbewerb­sfähigkeit. Nicht zur Diskussion gestellt werden hingegen die Fallgruben des technologi­schen und wissenscha­ftlichen Fortschrit­ts.

Sowohl die bürgerlich­en Parteien, als auch die Sozialdemo­kraten weichen diesem heißen Thema ängstlich aus. Damit versäumen sie freilich auch die Chance, ihr politische­s Portefeuil­le zu erweitern, ihren Nutzen als ge-

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria