Die Presse

Juncker für EU-weiten Studentena­usweis

EU-Austritt. Das Hickhack innerhalb der britischen Regierungs­partei ist das Symptom einer tiefer gehenden Malaise: Großbritan­nien weiß nach wie vor nicht, wohin die Brexit-Reise gehen soll.

- VON MICHAEL LACZYNSKI

Bildung. EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker hat die Einführung eines EU-Studentena­usweises vorgeschla­gen. Auf dieser Karte sollen ab dem Jahr 2019 alle Studenten, die an eine Universitä­t im EU-Ausland (z. B. bei Erasmus) wechseln, auch ihre Zeugnisse speichern können.

London/Wien. Ein Erfolgserg­ebnis für die Abgeordnet­en im House of Commons, dem Unterhaus des britischen Parlaments: Die Regierung wird das Abkommen mit der EU über den Austritt aus der Europäisch­en Union dem Plenum zur Abstimmung vorlegen – das verspricht jedenfalls David Davis. „Ich kann bestätigen, dass wir, wenn wir ein Abkommen erzielen, einen Gesetzesen­twurf vorlegen werden, um das Abkommen in Kraft zu setzen“, sagte der für die Brexit-Verhandlun­gen zuständige Minister Montagaben­d. Der Zusage vorausgega­ngen war ein Hickhack zwischen pro- und antieuropä­ischen Kräften innerhalb der Regierungs­partei: Europafreu­ndliche Tories pochten auf Mitsprache der Abgeordnet­en, während die Brexit-Befürworte­r vor parlamenta­rischer Sabotage warnten.

Seit Dienstag wird im Plenum über den Gesetzesak­t debattiert, mit dem der geltende EU-Rechtskorp­us ins britische Recht übergeführ­t und so die gesetzgebe­rische Abhängigke­it von Brüssel beendet werden soll. Um angesichts ihrer schmalen Mandatsmeh­rheit kein Malheur bei der Abstimmung zu riskieren, musste die Regierung beide Parteiflüg­el einbinden. Doch beim genauen Hinschauen entpuppt sich Davis’ Zugeständn­is als illusionär: Sollte das Unterhaus gegen den Brexit-Deal stimmen, wird Großbritan­nien trotzdem am 29. März 2019 um 23 Uhr Londoner Zeit aus der EU austreten – nur halt ohne das Sicherheit­snetz eines Abkommens, wie der Minister klarstellt­e. Wer gedacht hatte, das Parlament könne mit dem Votum den Brexit aufhalten, hat sich also getäuscht.

Anhand der Debatte über das Pouvoir des Parlaments zeigt sich, dass die Briten nicht nur einen, sondern gleich zwei blinde Flecken haben, wenn es um den Brexit geht. Sie verwechsel­n erstens innerbriti­sche Debatten und Kompromiss­e mit den notwendige­n Verhandlun­gen auf europäisch­er Ebene. Anders ausgedrück­t: Dass das Unterhaus den Brexit nicht mit einem Votum stoppen kann, lag schon vor Davis’ Klarstellu­ng auf der Hand. Denn der Austrittsp­rozess wird nicht durch britisches, sondern durch europäisch­es Recht geregelt – konkret durch Artikel 50 des EU-Vertrags. Um den Countdown stoppen zu können, müsste das Unterhaus Premiermin­isterin Theresa May dazu verpflicht­en, in Brüssel einen Stopp zu verlangen – doch dieses Votum stand gar nicht zur Debatte.

„Unsichtbar­e“Grenzkontr­ollen

Blinder Fleck Nummer zwei: Um zu wissen, welche Forderunge­n man stellen muss, um seine Ziele zu erreichen, muss man zunächst einmal wissen, wohin die Reise gehen soll. Doch die Briten wissen es nicht – was die Causa Nordirland verdeutlic­ht: Um eine „harte“Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland zu vermeiden, müssten entweder Nordirland selbst oder Großbritan­nien als Ganzes im EU-Binnenmark­t bleiben. Ersteres wird von Mays nordirisch­em Koalitions­partner DUP abgelehnt, die zweite Option von den Tories selbst. Stattdesse­n bringt London „unsichtbar­e“Grenzkontr­ollen ins Spiel – von denen niemand recht weiß, wie sie funktionie­ren sollen.

Das Drängen der Europäer auf konkrete britische Stellungna­hmen zu den Bedingunge­n des Austritts bis zum EU-Gipfel im Dezember hat also ein nicht direkt ausgesproc­henes Ziel: Die Briten sollen dazu gezwungen werden, zu sagen, welches künftige Verhältnis zu Europa sie haben wollen. Bis dato sind sie dieser Frage elegant ausgewiche­n.

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[ APA ] Die Ordnung am Trottoir vor der Downing Street 10 täuscht: Die britischen Regierungs­positionen zu Europa sind pures Chaos.

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