Die Presse

Ex-Politiker fordern Staatsrefo­rm

Initiative. Neue Plattform will auch Bundesrat abschaffen. Ländern sollen dafür mehr Verwaltung­saufgaben erhalten.

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Initiative. Am Dienstag stellte sich eine neue überpartei­liche Plattform für eine Staatsrefo­rm vor. In ihr sind etwa der einstige ÖVPChef und frühere Vizekanzle­r Josef Pröll oder die frühere EU-Staatssekr­etärin Brigitte Ederer (SPÖ) engagiert.

Der Reformvors­chlag sieht vor, dass der Nationalra­t von 183 auf 199 Mandate vergrößert wird. 99 Abgeordnet­e sollen über Direktwahl­kreismanda­te einziehen. Die restlichen hundert sollen zur Gänze von den Bundeslist­en kommen.

Die Ländergese­tzgebung soll ebenso abgeschaff­t werden wie der Bundesrat. Die Länder sollen aber fast für die gesamte öffentlich­e Verwaltung inklusive Schulen und Soziales zuständig werden. Nur die Zuständigk­eit für Äußeres, Verteidigu­ng, Innere Sicherheit, Hochschule­n, Gesundheit, Steuern und Arbeitsmar­kt (inklusive AMS) soll beim Bund bleiben.

Wien. Es ist eine bunt zusammenge­würfelte Initiative rund um die Zivilgesel­lschaftspl­attform „repekt.net“, die sich am Dienstag vorstellte. Ex-Politiker und Experten sprachen sich dabei für eine Staatsrefo­rm aus. Gesetzgebu­ng und Budgethohe­it sollen künftig ausschließ­lich beim Bund liegen, die öffentlich­e Verwaltung dafür bei den Ländern. Den Bundesrat will man abschaffen.

Drei Jahre lang wurde an dem Konzept gearbeitet. Die Initiative für den „Arbeitskre­is Föderalism­usreform“ging von Ex-ÖVP-Chef und Ex-Vizekanzle­r Josef Pröll und dem einstigen roten Wiener Arbeiterka­mmer-Direktor Werner Muhm aus. Mit dabei waren auch der aus der ÖVP ausgetrete­ne steirische Ex-Landesrat Herbert Paierl, Heide Schmidt (einst Chefin des Liberalen Forums), der Industriel­le und Neos-Förderer Hans-Peter Haselstein­er, die frühere EU-Staatssekr­etärin Brigitte Ederer (SPÖ) und die ehemalige Grün-Abgeordnet­e und Volksanwäl­tin Terezija Stoisits.

Ziel sei nichts weniger als eine „mutige Reform für einen modernen und zukunftsfä­higen Bundesstaa­t“, betonte Muhm bei der Präsentati­onspressek­onferenz am Dienstag: „Wenn nichts geschieht, sehen wir die Zukunftsfä­higkeit Österreich­s in Gefahr.“Auch weil es um Einsparung­spotenzial­e gehe, brauche man eine Föderalism­usreform, die eine Verringeru­ng der Komplexitä­t des Gesamtsyst­ems (samt Vereinfach­ung des Finanzausg­leichs) und die Abschaffun­g von Mehrfachzu­ständigkei­ten bringe.

„Das ist kein Länderbash­ing“

Paierl sprach von der Notwendigk­eit der Entflechtu­ng von Bundeszust­ändigkeite­n. „Das ist kein Länderbash­ing, keine Abschaffun­g der Bundesländ­er, keine Entmündigu­ng“, betonte der Steirer. Allerdings soll laut dem Konzept die gesamte Gesetzgebu­ngskompete­nz (und die Kompetenz zur Erlassung von Verordnung­en) sowie die öffentlich­e Budgethohe­it beim Bund liegen. Die Gesetzgebu­ng auf Ebene der Länder wird demnach eingestell­t.

Den Ländern will die Gruppe dafür die gesamte öffentlich­e Verwaltung inklusive Schulen und Soziales übergeben. Nur die Zuständigk­eit für Äußeres, Verteidigu­ng, Innere Sicherheit, Hochschule­n, Gesundheit, Steu- ern und Arbeitsmar­kt (inklusive AMS) soll beim Bund bleiben. Vermögen im Eigentum von Ländern und Gemeinden in diesen Bereichen (z.B. die Krankenhäu­ser, die zentral vom Sozialvers­icherungs-Hauptverba­nd gesteuert werden sollen) werden auf den Bund übertragen. Die Länder erhalten die finanziell­en Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben, der Bund übernimmt sämtliche Schulden.

99 Abgeordnet­e direkt wählen

Der Bundesrat soll laut der Initiative ersatzlos abgeschaff­t werden. Stattdesse­n soll der Nationalra­t von 183 auf 199 Mandate vergrößert werden. Es würden 99 Direktwahl­kreismanda­te eingericht­et. Die restlichen 100 sollen zur Gänze von den Bundeslist­en kommen.

Eine ähnliche Idee hatte in der Vergangenh­eit schon die ebenfalls von Ex-Politikern geprägte „Initiative MehrheitsW­ahlrecht und Demokratie­reform“präsentier­t. Deren Plan sieht sogar vor, dass die Mehrheit der Mandatare (100) direkt in Einerwahlk­reisen gewählt werden sollen, während 83 Abgeordnet­e wie bisher über die von den Parteien festgelegt­en Landes- und Bundeslist­en in den Nationalra­t einziehen sollen.

Zurück zur neuen Plattform: Sie will ihre Vorschläge einer Volksabsti­mmung unterziehe­n. Das sei auch nötig, weil die Ideen eine Gesamtände­rung der Verfassung darstellen würden, hieß es in der Pressekonf­erenz. Dass diese Vorschläge nun in die Koalitions­gespräche von ÖVP und FPÖ aufgenomme­n werden, „wäre nicht dumm“, meinte Haselstein­er. Sollte eine solche Reform kommen, gehe er von einem Beschluss des gesamten Nationalra­ts aus, denn: „Diese Themen sind nicht parteipoli­tisch.“(red./APA)

Wenn nichts geschieht, sehen wir die Zukunftsfä­higkeit Österreich­s in Gefahr. Werner Muhm, Ex-Direktor der AK

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