Van der Bellen übt Kritik an Verhandlern
Der Bundespräsident kürzt seinen Rom-Besuch ab und kehrt zu Konsultationen mit ÖVP und FPÖ zurück.
Wien. Bundespräsident Alexander Van der Bellen mischt sich verstärkt in die Koalitionsverhandlungen ein. Nachdem „Die Presse“am Mittwoch berichtet hatte, dass der Präsident zwei FPÖ-Politiker, nämlich den EU-Abgeordneten Harald Vilimsky und den Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus, als Minister ausschließt, meldete sich Van der Bellen am Donnerstag während seines Rom-Besuchs mit unverhohlener Kritik an den Verhandlern zu Wort: Ihm fehle „das Neue“in den Verhandlungen. „Darauf warte ich noch.“
Dass Steuern gesenkt werden sollen, sei beispielsweise früher schon öfters ein Thema gewesen. Und das starke Augenmerk auf das Thema Flüchtlinge kann Van der Bellen nicht nachvollziehen. „Ich verstehe die Situation nicht. Wir hatten 2015 echte Probleme bei der Aufnahme und Versorgung“, so der Bundespräsident, seither seien die Asylanträge aber sukzessive zurückgegangen. Es sei daher merkwürdig, dass die Sorgen und Ängste heute „eine größere Rolle spielen als bei der echten Krise 2015“.
Van der Bellen kürzt jedenfalls seinen Besuch in Rom ab und wird sich am Freitag über den Lauf der Verhandlungen informieren lassen. Dabei handle es sich um ein routinemäßiges Treffen, heißt es aus der Präsidentschaftskanzlei. Am Freitag findet das nächste Treffen der Steuerungsgruppe statt. ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache werden danach auch wieder an die Öffentlichkeit treten.
FPÖ gibt sich gelassen
In der FPÖ nimmt man die Ablehnung von Ministerkandidaten durch den Präsidenten betont gelassen. Wenn das so sei, nehme er das zur Kenntnis, sagte Vilimsky. Der Bundespräsident habe das Recht, jemanden zurückzuweisen. Auch Generalsekretär Harald Kickl wollte den Bundespräsidenten nicht öffentlich kritisieren. Er verwies auf die gute Gesprächsbasis zwischen Parteichef Strache und dem Präsidenten. Die Verhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP befänden sich jetzt in der inhaltlichen Phase. Da wäre es verfrüht, überhaupt über Namen für Ministerämter zu spekulieren. ÖVP-Verhandler Gernot Blümel lobte gleichzeitig den von Van der Bellen abgelehnten Gudenus: Der Wiener Vizebürgermeister habe „Handschlagqualität“. (maf/APA)