Die Presse

Die Metamorpho­se der strengen Innenminis­terin zur sozialen Landesmutt­er

Niederöste­rreich. Mikl-Leitner will anders als Vorgänger Pröll sein – und inszeniert sich als warmherzig­es Gegenstück.

- VON ANNA THALHAMMER

St. Pölten. Der niederöste­rreichisch­e Wahlkampf hat eigentlich mit dem Amtsantrit­t von Johanna Mikl-Leitner im März begonnen – und nimmt nun deutlich an Fahrt auf. Immerhin wird am 28. Jänner 2018 gewählt, dazwischen sind Advent, Weihnachte­n und Silvester – es gilt also, nun schon die Aufmerksam­keit der Bürger zu wecken.

Die amtierende Landeshaup­tfrau, Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), tingelt dieser Tage nicht nur von einem Termin in den Regionen zum nächsten – sondern versucht auch, etliche soziale Projekte, die der Bevölkerun­g zugute kommen, vor der Wahl noch einzuleite­n. Immerhin soll ihr am Wahltag niemand vorwerfen können, für die Niederöste­rreicher nichts getan und wenig gearbeitet zu haben. Da wurde etwa ein größeres Projekt zur Schaffung von Arbeitsplä­tzen in den Regionen gestartet, ein Weiterbild­ungscheck für Arbeitnehm­er implementi­ert – und weiters soll es bald sogenannte Alltagsbet­reuer geben, die älteren Menschen bei Tätigkeite­n wie Arztbesuch­en oder Einkäufen unter die Arme greifen sollen.

Und während in den Koalitions­verhandlun­gen auf Bundeseben­e die bereits abgeschlos­sene Abschaffun­g des Pflegeregr­esses aufgrund hoher Kosten wieder infrage gestellt wird, geht man in Niederöste­rreich sogar noch einen Schritt weiter. Man beschloss am Donnerstag, dass der Pflegeregr­ess auch für die Pflege von Menschen mit Behinderun­g abgeschaff­t werden soll. Niederöste­rreich hat diese Forderung an Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ) gerichtet – vorerst will man das aber auf Landeseben­e selbst lösen. „Das ist ein wichtiger und entscheide­nder Schritt für die Entlastung der Pflegenden, deren Familien und Angehörige­n“, sagt Mikl-Leitner. Die Entlastung müsse auch für alle Menschen mit Behinderun­g gelten: „Es geht mir darum, dass auch die Schwächste­n von der Abschaffun­g des Pflegeregr­esses umfasst sind.“

Frischer Wind durch Imagewechs­el

Die Landes-„Hanni“hat nur wenig mit der ehemaligen Innenminis­terin zu tun – sie versucht, ihr Image neu zu erfinden. Einerseits, um wohl frischen Wind zu demonstrie­ren, anderersei­ts, weil die Fußstapfen sehr groß sind, achtet Mikl-Leitner darauf, sich von ihrem Vorgänger, Erwin Pröll, zu unterschei­den. Er galt als strenger, harter Landesfürs­t. Mikl-Leitner demonstrie­rt nun gern ihre soziale Ader, präsentier­t sich als moderne weltoffene Frau, die sich für Frauenproj­ekte engagiert – zuletzt unterstütz­te ihre Partei auch eine Veranstalt­ung für Homosexuel­le.

Schon bevor Sebastian Kurz mit demselben Slogan erfolgreic­h Wahlkampf machte, hatte sie bei ihrer Inthronisi­erung im März vom „neuen Stil“gesprochen, den sie mit der ÖVP in Niederöste­rreich leben wolle. Das ist etwa ein integrativ­er, was die Zusammenar­beit mit anderen Parteien betrifft: So gab es nun erstmals eine Klausur mit allen Parteien, um die Regierungs­arbeit abzustimme­n. Der Wahltermin im Jänner wurde gemeinsam ausgehande­lt. Intern sagt man ihr nach, ihr Team bestimmt, aber mit Gefühl zu leiten.

Auch im Innenminis­terium galt sie unter ihren Mitarbeite­rn als warmherzig­e, sozial kompetente Chefin – die Außenwahrn­ehmung war allerdings eine andere. Ihr Image war das einer toughen, harten und ein wenig unbarmherz­igen Ministerin. Gerade in den Anfängen der Flüchtling­skrise, als die Erstaufnah­mestelle in Traiskirch­en überfüllt war und Menschen im Freien schlafen mussten, sagte man ihr besondere Härte nach. Sie galt bis zum Ende ihrer Amtszeit als Vertreteri­n einer restriktiv­en Flüchtling­spolitik. Das harte Law-and-Order-Image versucht sie nun loszuwerde­n und sich als soziale Landesmutt­er darzustell­en. Dieser Imagewechs­el geht auch mit einer optischen Veränderun­g einher. Während sie als Innenminis­terin dunkle Farben und oft Materialie­n wie Leder getragen hat, setzt sie nun auf helle, freundlich­e, warme Farben. Auch bei der Frisur.

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