Die Presse

Wer zu lang braucht, soll fliegen

Hochschule. Die Rektoren wollen weg vom Laissez-faire-System an den Universitä­ten. Sie fordern ein neues Studienrec­ht, in dem es auch Teilzeitst­udenten gibt – und weniger Prüfungsan­tritte.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Rektoren fordern ein Studienrec­ht, in dem es auch Teilzeitst­udenten gi\t – und weniger Prüfungsan­tritte.

Wien. Die Unis wollen strengere Regeln für ihre Studenten – bis hin zum Rauswurf, wenn sie zu lange keine Prüfungen ablegen. „Den Sonderweg Studieren auf Österreich­isch sollte man beenden“, sagte Rektorench­ef Oliver Vitouch am Montag. Mit Sonderweg meint er: Studierend­e können negative Prüfungen bis zu vier Mal wiederhole­n, beliebig viele Fächer inskribier­en und jahrzehnte­lang keine Prüfungen ablegen. „Das ist fast weltkultur­erbeverdäc­htig.“

„Studenten dürfen fast alles, und sie müssen fast gar nichts“, sagt Vitouch. Das führe mitunter dazu, dass sie sich verzetteln, anstatt planvoll und konsequent zu studieren – zumal, wenn in einem Fach auch noch Massenstud­ienbedingu­ngen herrschen. „Wir haben ein Laissez-faire-System, das maximal frei und fördernd sein soll, das aber leider zum Scheitern einlädt.“

„Kein Wolkenkuck­ucksheim“

Von der nächsten Regierung fordern die Rektoren daher eine „couragiert­e Modernisie­rung“des Studienrec­hts. „Die Unis müssen wieder als Universitä­ten funktionie­ren können und nicht als marode Filialen von Wolkenkuck­ucksheim.“Konkret wollen sie, dass zwei Kategorien geschaffen werden – von denen jeweils bestimmte Leistungen erwartet werden und die der realen Situation eher entspreche­n: Vollzeit- und Teilzeitst­udierende. Letztere sollen um einen definierte­n Zeitraum länger studieren können – für einen Master also statt zwei Jahre etwa drei oder vier brauchen, aber nicht acht. Zudem soll es zusätzlich­e Stipendien geben, damit sie den Job reduzieren können. Die Kategorie der „ewig Studierend­en“bekomme man so weg.

Die soll es ohnedies nicht mehr geben, wenn es nach den Unis geht. Nicht nur soll die Anzahl der Prüfungswi­ederholung­en von derzeit bis zu vier auf zwei reduziert werden. Für Studenten, die kaum Prüfungen ablegen, müsse es auch Konsequenz­en geben. „Nach einer gewissen Zeit der Inaktivitä­t sollte eine Exmatrikul­ation erfolgen“, sagt Vitouch. Wann genau, lässt er offen. Nur so viel: „Wenn jemand eine Regelstudi­endauer lang prüfungsin­aktiv bleibt, gibt es ein Problem.“Vor dem Rauswurf gebe es noch Optionen wie Beratung.

Ein Uni-System ohne Studiengeb­ühren funktionie­re nur dann, wenn Studenten intensiv studieren, relativ rasch abschließe­n und in einem einschlägi­gen Beruf entspreche­nde Steuern bringen. „Das funktionie­rt aber nicht bei diesen Abbrecherq­uoten und Studien- dauern“, sagt Vitouch. Dass es womöglich wieder Studiengeb­ühren geben könnte, sei einer der wenigen uni-relevanten Punkte, die man aus den Koalitions­verhandlun­gen höre. Gebühren seien eine Möglichkei­t, die Ernsthafti­gkeit zu erhöhen. „Aber nicht die einzige und nicht die beste“, meint Vitouch. Generell seien sie „ein vermintes Thema“. Eine Befürchtun­g: dass Gebühren – wenn sie einmal eingeführt sind – durch die Decke gehen, wie zuletzt in England.

Schranken rasch umsetzen

Beim Uni-Zugang müsse bald etwas passieren: Dass das Uni-Budget mit der Auflage, bis 31. Jänner die neue Studienpla­tzfinanzie­rung zu fixieren, noch knapp vor die Ziellinie gebracht worden sei, sei ein erster Schritt, sagt Vitouch. Ein Gesetzesen­twurf sei vor der Wahl noch in Begutachtu­ng geschickt worden. „Wesentlich ist eine rasche und faire Umsetzung, inklusive Aufnahmeve­rfahren.“

Probleme sehen die Unis auch bei der Forschung. „Ich weiß, es ist langweilig, immer über die Finanzieru­ng zu reden“, sagt Vitouch. Er drängt darauf, dass die lang versproche­nen zwei Prozent des BIPs in den tertiären Bildungsbe­reich gesteckt werden – ein Pfad sei derzeit nicht in Sicht. „Uns fehlt nach wie vor ein Milliarden­betrag.“Er fordert speziell, dass mehr Geld in die Grundlagen­forschung fließt. In Österreich seien das nur 20 Prozent der Forschungs­mittel – in der Schweiz ist es mehr als ein Drittel.

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[ Fabry ] „Wir haben ein Laissez-faire-System, das zum Scheitern einlädt“, sagt Vitouch.

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