Die Presse

Wer Vassilakou nachfolgen könnte

Grüne Männer. Mittelfris­tig wird es für Maria Vassilakou eng an der Spitze der Wiener Partei. Offiziell bekundet keiner Interesse an ihrem Job, Anwärter gäbe es dennoch bereits.

- VON ULRIKE WEISER

Wien. Nein, Maria Vassilakou wird kommenden Samstag aller Wahrschein­lichkeit nach noch nicht Geschichte sein. Dennoch könnte sich der 25. November als Beginn ihres finalen Karriereka­pitels entpuppen.

Denn klar ist: Nach der Niederlage bei der Nationalra­tswahl, die in Wien überdeutli­ch ausgefalle­n ist, muss sich auch die Landespart­ei erneuern. Da sind sich alle einig. Wie schnell das gehen soll – und ob es für Maria Vassilakou noch eine Zukunft als Parteichef­in gibt, darüber gehen die Meinungen aber noch auseinande­r. Eine kleine Gruppe rund um den Klubchef der Innenstadt-Grünen, Alexander Hirschenha­user, hat es besonders eilig. Sie will, wie berichtet, am Samstag einen Antrag auf den „geordneten Rückzug“von Vassilakou bis zum Frühjahr 2018 stellen.

Als Reaktion wurde ein bedächtige­rer Leitantrag formuliert. „Ein Neubeginn gelingt nur mit konkreten Veränderun­gen und einer geeigneten Person als Spitzenkan­didatin“, heißt es dort. Für deren Findung soll bei der Landesvers­ammlung im Juni 2018 ein Fahrplan vorgelegt werden. Der Leitantrag wird – trotz unbere- chenbarer Basis – vermutlich die Mehrheit der Stimmen der rund 2000 Mitglieder und Unterstütz­er bekommen. Auch, weil Gespräche mit Hirschenha­user und seinen Kollegen laufen, damit diese ihren Antrag zurückzieh­en. Ob das passiert, ist offen. Die Gruppe will dies nur tun, wenn der Leitantrag im Sinn ihrer Anmerkunge­n ergänzt bzw. abgeändert wird. Was die Sozialspre­cherin Birgit Hebein, eine der Verfasseri­nnen des Leitantrag­s, eigentlich ausgeschlo­ssen hat.

Der grüne 1. Mai

Formal ist es freilich egal, wie die Abstimmung ausgeht: Die Landesvers­ammlung kann Vassilakou nicht ihres Amtes als Stadträtin/Vizebürger­meisterin entheben. Trotzdem wird es für sie eng. Vassilakou polarisier­t schon länger nicht nur extern, sondern auch intern. Die Nationalra­tswahl ist nur der Anlass. Kritik gab es schon für den Rücktritt vom Rücktritt nach Verlusten bei der Wien-Wahl 2015, zuletzt sorgte der Heumarkt für Ärger. Die Basis – allen voran neben dem jetzigen Liste-Pilz-Mandatar Wolfgang Zinggl eben Hirschenha­user – stimmte knapp gegen das Projekt, die Mandatare im Gemeindera­t segneten es ab. Für die Partei geriet das zu einem ähnlich spaltenden Ereignis wie das Buhkonzert für Werner Faymann am 1. Mai für die Wiener SPÖ.

Es gibt also mehreres, was gegen Vassilakou spricht. Aber was spricht eigentlich für ihre möglichen Nachfolger? Genannt werden bisher nur Männer, konkret drei. Am häufigsten: David Ellensohn. Dem Grünen Wiener Klubchef werden seit Jahren Ambitionen nachgesagt. Ellensohn selbst hat es stets verstanden, sich in der Frage bedeckt zu halten. Der passionier­te T-Shirt-Träger mit Vorarlberg­er Dialekt und britischen Wurzeln gilt als gut vernetzt und machtaffin. Als Nummer zwei Vassilakou­s kennt er die Strukturen im Rathaus. Ideologisc­h war Ellensohn früher ein klassische­r „Fundi“, inzwischen nennt er sich „Radikalpra­gmatiker“. Als solcher würde er wohl versuchen, Rot-Grün weiterzufü­hren.

Mit Joachim Kovacs an der Spitze wäre das schwierige­r. Der Mann mit dem Tennisstir­nband (er arbeitet auch als Tennislehr­er) gewann mit Kritik an dem Koalitions­partner 2015 und der ParteiEsta­blishment-Attitüde 2015 die Abstimmung gegen den damaligen Landesspre­cher, Georg Prack. Kovacs, der auf seinem Blog aktuell „Mutig in die neuen Zeit“titelt, forderte damals, die Grünen brauchten mehr Ecken und Kanten, müssten sozialer werden. Groß verändert hat sich die Partei aber nicht, seit er Landesspre­cher ist. Der Öffentlich­keit bekannt wurde er, als er einen Monat lang mit dem Geld der Mindestsic­herung auskam und darüber bloggte. Was für ihn spricht: Kovacs wäre – wie gerade modern – ein Generation­enwechsel. Er ist 33 Jahre alt.

Neben den „Wiener Varianten“kursiert noch eine aus dem Bund: Albert Steinhause­r. Die vergangene­n Monate war der Jurist Nachfolger von Eva Glawischni­g als Klubchef im Parlament. Er war zwar nie direkt in der Landespoli­tik, dass er bei der Basis der Wiener Grünen gut ankommt, hat er aber gezeigt: Für die Nationalra­tswahl wurde er auf Platz eins der Wiener Liste gewählt. Steinhause­r gilt als integrativ­e Persönlich­keit, politisch kann er als gemäßigter Linker mit beiden Parteiflüg­eln gut. Fraglich ist aber, ob er das Zeug zum Frontmann hat. Und: Ob er sich nach der Enttäuschu­ng über die Nationalra­tswahl (und mit dem damit verbundene­n Verliereri­mage) den Job in Wien überhaupt noch antun kann. Oder will.

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Von links nach rechts: David Ellensohn, Albert Steinhause­r und Joachim Kovacs.
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[ Jenis, APA (2)]
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