Wie Marken Geschichten erzählen
Briefmarkenauktionen. Dorotheum-Experte Andreas Bazant erkennt auf den ersten Blick, ob eine Marke wertvoll ist. Er führt seit 1978 Briefmarkenversteigerungen durch.
Wer denkt, dass Briefmarkensammeln nicht mehr zeitgemäß ist, muss bloß ins Wiener Dorotheum gehen, um sich vom Gegenteil zu überzeugen: Rund 300 Interessenten bevölkern den Saal, wenn eine Briefmarkenauktion ansteht. Das ist achtmal im Jahr der Fall, darüber hinaus gibt es Onlineauktionen und -verkäufe, die immer mehr zunehmen. Einer, der auf den ersten Blick erkennt, was eine Marke wert und ob sie echt ist, ist Andreas Bazant, Briefmarkenexperte im Dorotheum. Er führt seit 1978 Markenauktionen durch und war damals jüngster Prüfer in diesem Fach. Eine Briefmarke, die immer wieder gefälscht wurde, ist etwa der Zinnoberrote Merkur. Kein Wunder – es ist die teuerste Briefmarke in Österreich. Bei einer Dorotheum-Auktion erzielte sie einen Preis von 37.200 Euro. Was an ihr so besonders ist, erklärt Bazant: „Der Zinnoberrote Merkur war die erste Zeitungsmarke der Welt. Sie wurde für den Versand von Zeitungen eingesetzt, für diese gab es besondere Begünstigungen beim Porto. Die Marke war auf dem Band, das die Zeitung zusammenhielt – und wurde meist zerrissen oder weggeschmissen. Daher ist sie sehr selten und wertvoll.“
Die erste Briefmarke der Welt
Briefmarken erzählen Geschichten, vermitteln Geschichte, viel anschaulicher als jedes Buch. „In Österreich wurden die ersten Briefmarken 1850 herausgegeben. Es waren fünf Freimarken: ein Kreutzer gelb, zwei Kreutzer schwarz, drei Kreutzer rot, sechs Kreutzer braun und neun Kreutzer blau“, berichtet Bazant. Im Vereinigten Königreich war man fortschrittlicher – dort wurde schon 1840 die erste Briefmarke der Welt herausgegeben, die One Penny Black.
Bazant war auch dabei, als die berühmtesten Briefmarken der Welt versteigert wurden: Die Blaue und die Rote Mauritius, gemeinsam auf einem Brief. „Das war in der Schweiz. Die beiden Marken – das sogenannte Bordeaux Cover – gingen für 50 Millionen Schilling über den Auktionstisch.“
So hohe Zuschläge gebe es bei den heimischen Briefmarkenauktionen nicht, dennoch lasse sich nach wie vor mit Briefmarken gutes Geld verdienen, meint der Experte. „Marken, die regelmäßig sehr gefragt sind, sind etwa der Renner-Kleinbogen oder der Wipa-Block.“Briefmarken mit Werten von Hunderten bis Tausenden Euro werden übrigens nicht im klassischen Sammelalbum aufbewahrt, sagt Bazant. „Wertvolle Marken werden auf Ausstellungsblättern aufmontiert und beschrieben. Da lässt sich dann auch die Provenienz der Marke bis zu ihrer Herausgabe zurückverfolgen.“(dt) Auktionstermine Dorotheum: Briefmarken und Ansichtskarten: 28. November, 14 Uhr, Abteilung für Briefmarken, Münzen und Orden, Briefmarken: 19. Dezember, zehn Uhr, Palais Dorotheum.