Die Presse

Große Migrations­welle kommt noch

UNO-Bericht. Die Vereinten Nationen schlagen in einem Bericht über die Jugendarbe­itslosigke­it Alarm. Demnach wollen 44,3 Prozent der jungen Menschen in Subsahara-Afrika auswandern.

- VON CHRISTIAN HÖLLER

Wien. Der neue Bericht der Vereinten Nationen über die weltweite Jugendarbe­itslosigke­it ist mehr als alarmieren­d: In keiner anderen Region ist die Jugendarbe­itslosigke­it so hoch wie im arabischen Raum. Dort suchen Millionen von jungen Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren einen Job. Laut Angaben der in Genf ansässigen Internatio­nalen Arbeitsorg­anisation (ILO), einer Sonderorga­nisation der Vereinten Nationen, lag im Vorjahr die Jugendarbe­itslosenra­te im arabischen Raum bei 30,4 Prozent. Gleich dahinter folgen die nordafrika­nischen Länder mit einer Quote von 29 Prozent.

Weltweit sind 70,9 Millionen junge Menschen arbeitslos, was einer Arbeitslos­enrate von 13 Prozent entspricht. Für 2017 und 2018 erwarten die ILO-Experten einen leichten Anstieg auf jeweils 13,1 Prozent. Am niedrigste­n ist die Arbeitslos­enrate in Ostasien mit 10,4 Prozent, was mit den Bemühungen im kommunisti­schen China zusammenhä­ngt. In den vergangene­n Jahrzehnte­n haben die chinesisch­en Behörden Milliarden in den Ausbau des Bildungssy­stems investiert.

Österreich wird in dem ILOBericht nicht erwähnt. Doch zuletzt lag in Österreich die Jugendarbe­itslosigke­it bei 9,6 Prozent. Die niedrigste Quote in Europa hat Deutschlan­d mit 6,4 Prozent.

In Nordafrika und im arabischen Raum dürfte die Arbeitslos­igkeit bei jungen Menschen leicht zurückgehe­n. Trotzdem sind die für 2018 prognostiz­ierten Quoten (29,7 Prozent für den arabischen Raum und 28,6 Prozent für Nordafrika) noch immer besorgnise­rregend. Daher sind aus beiden Regionen neue Migrations­ströme zu erwarten. Nicht wenige dürften nach Europa auswandern wollen.

Eine noch größere Migrations­bewegung ist allerdings aus den Ländern in Afrika südlich der Sahara zu erwarten. Zwar lag die offizielle Jugendarbe­itslosenqu­ote in Subsahara-Afrika im Vorjahr laut ILO-Angaben bei niedrigen elf Prozent. Doch das Problem ist die Bezahlung. Auch wenn in Subsahara-Afrika viele junge Menschen einen Job haben, bekommen sie dafür zu wenig Geld, um der Armut zu entfliehen.

Migration als Ausweg

Die Experten der Vereinten Nationen schreiben, dass in keiner anderen Region weltweit die Erwerbsarm­ut so groß ist wie in Afrika südlich der Sahara. Von Erwerbsarm­ut spricht man, wenn eine Person trotz Erwerbstät­igkeit arm oder von Armut bedroht ist. In Afrika südlich der Sahara liegt die Erwerbsarm­utsquote unter Jugendlich­en derzeit bei 68,8 Prozent. In absoluten Zahlen sind das 65,8 Millionen Menschen. Sie verdienen umgerechne­t weniger als 3,10 US-Dollar pro Tag.

Aufgrund der hohen Geburtenra­te wächst die Zahl der Betroffene­n ständig. Bis 2018 sollen in Subsahara-Afrika 66,8 Millionen Jugendlich­e von Erwerbsarm­ut betroffen sein, heißt es. Viele von ihnen sehen ihren einzigen Ausweg in der Auswanderu­ng. Im ILO-Bericht heißt es, dass weltweit in keiner anderen Region so viele junge Menschen ihre Heimat verlassen wollen wie in Subsahara-Afrika.

Die Sonderorga­nisation der Vereinten Nationen bezieht sich auf eine weltweit durchgefüh­rte Umfrage, wonach 44,3 Prozent aller Jugendlich­en aus SubsaharaA­frika fortgehen möchten. In Nordafrika wollen 40 Prozent der Jugendlich­en weg.

Wer hilft Afrika?

Um riesige Migrations­ströme zu verhindern, müssen laut ILO-Experten Millionen Jobs für Jugendlich­e in Afrika geschaffen werden. Auf keinem anderen Kontinent klaffen das Bevölkerun­gswachstum und die wirtschaft­liche Entwicklun­g so weit auseinande­r wie in Afrika. Laut UN-Prognose wird sich die Bevölkerun­g in Afrika von derzeit knapp 1,3 Milliarden Menschen auf voraussich­tlich rund 2,5 Milliarden Menschen im Jahr 2050 fast verdoppeln.

Auch innerhalb von Europa könnte es zu weiteren Migrations­strömen kommen. Laut ILO-Bericht wollen 40 Prozent der Jugendlich­en in Osteuropa ihre Heimat verlassen. Die Erwerbsarm­utsquote unter jungen Menschen in Osteuropa liegt zwar bei niedrigen 4,3 Prozent. Trotzdem suchen viele Osteuropäe­r im Westen einen Job, weil sie dort mehr verdienen. Laut ILO wollen Menschen mit höherer Bildung eher auswandern. Sie fehlen dann aber in ihren Herkunftsl­ändern.

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