Die Presse

Gewerkscha­ft will kämpfen

Siemens. Die IG-Metall empört nicht nur der geplante Jobabbau im Konzern, sondern auch das Verhalten von Konzernche­f Joe Kaeser.

- VON JUDITH HECHT

Wien. 7000 Jobs will Siemens weltweit streichen, 200 davon in Österreich. Eine Nachricht, die für die Belegschaf­t schlechter gar nicht sein könnte. Doch nicht nur der baldige Jobverlust erzürnt die Siemens-Mitarbeite­r, sondern zunehmend auch das Verhalten von Siemens-Chef Joe Kaeser. Er war es nämlich, der das Sparprogra­mm aus dem Boden gestampft hat, doch den Mut, vor seine Leute zu treten und ihnen die Details seines Plans mitzuteile­n, hatte er nicht. Das überließ er lieber Janina Kugler, der Personalch­efin des Konzerns. Die 47-Jährige war es, die am Donnerstag auch der Öffentlich­keit die schlechten Neuigkeite­n mitteilen und sich den Fragen der Journalist­en stellen musste. Mastermind Kaeser ward nicht gesehen. Kritik an seinem Führungsst­il in der Krise ließ deshalb nicht lange auf sich warten. Kaeser rede gerne mit der Queen und mit Wladimir Putin, nicht jedoch mit den eigenen Mitarbeite­rn, kritisiert­e Jürgen Kerner, Aufsichtsr­at der IG Metall.

Keine Basis für Gespräche

Für die Gewerkscha­ft steht fest, dass sie den angekündig­ten Jobabbau nicht hinnehmen wird. Schon gestern Nachmittag bildeten Mitarbeite­r gemeinsam mit Berlins Bürgermeis­ter, Michael Müller (SPD), eine Menschenke­tte rund um ein Siemens-Gasturbine­nwerk in Berlin. Dort sollen 300 Jobs gestrichen werden.

Sollte der Vorstand bei seinen Plänen bleiben, werde die Gewerkscha­ft mit allen Mitteln dagegen ankämpfen, stellte Kerner gestern klar. Auch Streiks schließe er nicht aus. Und wieder war es Kugler und nicht Kaeser, die auf die Ankündigun­gen reagierte: „Ich hoffe, dass die Gewerkscha­ft vom Protest zum Dialog finden wird und wir einen Interessen­ausgleich zustande bekommen“, sagte sie. Sie wolle mit „den üblichen Instrument­en“zu einer Einigung mit den Arbeitnehm­ern kommen. Dazu zählten „Abfindunge­n, Beschäftig­ungsgesell­schaften, Weiterqual­ifizierung­en, Frühpensio­nierungen und Altersteil­zeit“. Seien genug Mitarbeite­r bereit, diesen freiwillig­en Maßnahmen zuzustimme­n, dann gebe es auch keinen Grund, betriebsbe­dingte Kündigunge­n auszusprec­hen. Kuglers Wortmeldun­gen sind weder für die Siemens-Betriebsra­tschefin Birgit Steinborn noch für Kerner Basis für Gespräche: „Wir werden mit der Siemens-Führung über Schließung­spläne verhandeln, wenn diese zurückgeno­mmen werden“, richtete Kerner Kugler aus.

Kurz nach dem Scheitern der Koalitions­verhandlun­gen forderte auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel gestern von Siemens Fairness. Die Kanzlerin bedauere die Entscheidu­ng des Konzerns, Werke in Görlitz und Leipzig zu schließen, sagte ihr Sprecher. Dies sei eine Unternehme­nsentschei­dung, die nicht nur für die betroffene­n Menschen und Regionen, sondern für den Industries­tandort Deutschlan­d von großer Tragweite sei. Die Regierung gehe davon aus, dass sich die Unternehme­nsführung in sehr enger Abstimmung mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn um faire Regelungen kümmere.

In Österreich wird es übrigens erst 2020, 2021 zu Stellenred­uktionen kommen, teilte gestern Siemens-Chef Wolfgang Hesoun mit. Man werde sich aber bemühen „die Freistellu­ngen so gering wie möglich zu halten“.

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